Die Elektrifizierung der Autobranche ist inzwischen voll im Gang: In der Schweiz war im Oktober jedes fünfte neu verkaufte Auto entweder ganz elektrisch angetrieben – oder zumindest teilweise, etwa wenn es ein Plug-in-Hybrid ist – also ein Auto, das einen Elektromotor und einen Verbrennungsmotor hat.
Schwerer, breiter, länger
Die Autos auf den Schweizer Strassen werden schwerer, breiter, länger: «Die Fahrzeuge sind gewachsen», sagt auch Andreas Burgener, Direktor von Auto Schweiz, dem Verband der Autoimporteure.
Zu tun hat das vor allem mit den beliebten SUVs: Annähernd jedes zweite, neue verkaufte Auto in der Schweiz ist heute ein solches Fahrzeug.
Kunden wollen mehr Platz
Geschätzt werden diese Fahrzeuge wegen der hohen Sitzposition, aber nicht nur: «Es muss ein Nutzen bieten: Mittlerweile transportiert man mehrere Mountainbikes oder einen Kinderwagen im Auto. Dieser Nutzenfaktor hat seine Beliebtheit.»
Und weil sich diese Modelle so gut verkaufen, kommen viele der gestandenen Autohersteller jetzt auch mit elektrifizierten SUVs auf den Markt: Audi etwa, Mercedes oder Volvo.
«Elektro-SUVs nicht die beste Wahl»
Unbestritten ist, dass die Batterie ein Elektroauto grundsätzlich schwerer macht als ein vergleichbares Modell mit einem Diesel- oder Benzinmotor. Aber bei den Ausmassen der neuen Fahrzeuge macht Jacob Armstrong ein Fragezeichen.
Er ist Mobilitätsexperte bei der Nicht-Regierungsorganisation Transport & Environment in Brüssel: «Wir müssen vor allem die Energieeffizienz anschauen – ein Elektro-SUV, das lediglich von 1 bis 2 Personen benutzt wird, ist nicht die beste Wahl. Schon gar nicht angesichts der knappen und wertvollen Rohstoffe, die für die Batterien nötig sind.»
Besser wäre, man würde mit den grossen Batterien für die grossen Autos zwei kleinere Fahrzeuge antreiben – oder ganz viele Elektrovelos, ergänzt Armstrong. Auch der jährliche Fahrzeugvergleich des Verkehrsclub VCS zeigt, dass die Umweltbilanz von Elektro-SUVs besser sein könnte. Besonders umweltfreundlich sind kleine, kompakte Elektroautos.
Die Politik und die Städteplanung müssen sich anpassen.
Sind elektrifizierte SUVs also unsinnig? «Die Frage kann man sich durchaus stellen. Aber wenn man ein nutzbares Volumen und eine genügend grosse Ladefläche anbieten möchte, braucht es solche Fahrzeuge», erklärt Andreas Burgener.
Knifflige Aufgabe für rot-grüne Städte
Für ihn ist deshalb auch klar, dass die Infrastruktur in den Städten an das Grössenwachstum der Autos angepasst werden muss – etwa indem die Parkplätze breiter werden: «Wenn eine Seite auf dem Trottoir oder der Fahrbahn ist, müssen die Parkplätze vergrössert werden. Und nicht etwa ein Parkplatzabbau, was aktuell vielerorts geschieht.»
Solche Forderungen sorgen für heftige Diskussionen, dessen ist sich Burgener sehr wohl bewusst: «Das ist eine grosse Herausforderung. Wenn man aber die Transformation möchte, sich die Technik und der Kundenwunsch ändert, muss sich die Politik und die Städteplanung anpassen.»
Gerade die rot-grün regierten Städte stehen damit vor einer kniffligen Ausgangslage: Wie viel Platz will man den Elektroautos zugestehen, vor allem wenn sie gross sind.