Der Rummel um beliebte Pokémon-Karten nimmt heute teilweise bizarre Formen an. So wurden jüngst in Frankreich drei Männer zu Gefängnisstrafen verurteilt. Zwei von ihnen brachen in eine Wohnung ein und stahlen Karten im Wert von rund 100'000 Franken.
Gewisse Sammelkarten des Pokémon-Spiels werden mittlerweile für sechsstellige Beträge gehandelt. Es sind dies die Auswüchse eines Hypes, der vor knapp dreissig Jahren seinen Anfang genommen hatte. Und auch heute noch die Schweiz in seinen Bann zieht.
Pokémon-Sammelkarten boomen weltweit seit mehreren Jahrzehnten
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Bild 1 von 4Legende: Nicht nur in der Schweiz sind Pokémon-Karten seit rund dreissig Jahren gefragt. SRF/Luca Fuchs
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Bild 2 von 4Legende: Hier spielen japanische Jugendliche im Jahr 2002 ein Pokémon-Karten-Turnier in Tokio, um sich für die Weltmeisterschaft in den USA zu qualifizieren. Keystone/Yoshikazu Tsuno
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Bild 3 von 4Legende: Das Handyspiel Pokémon Go erreichte rund um das Jahr 2015 Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene. Auf Monsterjagd gingen auch viele in der Schweiz. Keystone/Gaetan Bally
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Bild 4 von 4Legende: Und auch im Jahr 2023 werden noch Pokémon-Karten-Turniere gespielt, wie etwa im holländischen Utrecht. Keystone/Robin van Lonkhuijsen
Für Schweizer Sammler befindet sich einer der grössten Shops für Pokémon-Sammelkarten in Wädenswil im Kanton Zürich. Und auch hier werden bedeutende Karten gehandelt, in einem unscheinbar anmutenden Riegelhaus. Die Karten kommen mit einem Wert von 2500 Franken jedoch vergleichsweise bescheiden daher.
Mehr als nur ein wertvolles Sammlerobjekt
Mitbegründer der Schweizer Pokémon-Hochburg mit dem Namen «Card-Collectors» ist Pascal Landolt. «Für einige Leute sind diese Karten nur bunter Karton, für uns sind es aber Kunstwerke», sagt der 39-Jährige. In jede Illustration fliesse die Liebe zum Handwerk, jede Karte sei eine Erinnerung an die eigene Jugend.
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Bild 1 von 2Legende: Die Pokémon-Karte «Schimmerndes Glurak» ist die wertvollste Sammelkarte, die es bei Card-Collectors in Wädenswil zu kaufen gibt. SRF/Luca Fuchs
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Bild 2 von 2Legende: Sie ist jedoch nicht die einzige: Viele Karten haben einen Wert von mehreren Hundert Franken. SRF/Luca Fuchs
Aus diesem Grund bilden sich auch vor seinem Geschäft lange Schlangen mit Kundinnen und Kunden aus der ganzen Schweiz. Letztmals war dies Ende Januar der Fall, als das Pokémon-Set «Prismatische Evolutionen» lanciert wurde.
Um den Ansturm zu meistern, wurden Tickets an die wartende Kundschaft vergeben, in den USA führte der Verkauf dieser Sammler-Box teilweise sogar zu Handgreiflichkeiten. «Leuten, die sich um diese Karten prügeln, geht es nur um den monetären Aspekt», sagt Landolt. Er sei froh, habe er eine Kundschaft, die die Faszination schätze und lebe.
Vom Küchentisch ins eigene Geschäft
Einen Grund für den Run auf die Sammelkarten sieht Landolt in der Coronapandemie. «Viele Leute, die in dieser Zeit das Hobby kennengelernt haben, sind geblieben und haben die Karten schätzen gelernt», sagt Landolt. Es sei ein Indoor-Sammelspiel. Ein Spiel, das gemeinsam am Küchentisch gespielt werde.
Auf diese Art begann auch Landolts Geschichte mit seinem Geschäft. Schon früh sassen er und seine Kollegen zusammen und spielten mit Pokémon-Karten. So reifte in ihnen die Idee, einen Ort zu schaffen, an dem das Hobby gelebt und andere Sammlerinnen und Sammler eingeladen werden können.
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Bild 1 von 4Legende: Mit dem Pokémon-Shop in Wädenswil sollte ein Ort entstehen, an dem Sammlerinnen und Sammler sich treffen ... SRF/Luca Fuchs
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Bild 2 von 4Legende: ... und zusammen Karten spielen können. SRF/Luca Fuchs
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Bild 3 von 4Legende: Diese Idee entwickelte Pascal Landolt mit Freunden am Küchentisch. SRF/Luca Fuchs
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Bild 4 von 4Legende: Entstanden ist das Geschäft Card-Collectors, einer der grössten Treffs von Sammelkartenfans in der Schweiz. SRF/Luca Fuchs
Nachdem Landolt bereits vor sechs Jahren einen Online-Sop gegründet hatte, rief er deshalb im vergangenen Sommer einen Laden für Kartenliebhaberinnen und -liebhaber ins Leben. Mittlerweile besteht das Card-Collector-Team aus zehn Mitgliedern.
«Wir befinden uns immer noch in der Aufbauphase und jetzt braucht es noch sehr viel Blut und Schweiss», sagt Landolt. «Am Anfang muss man sehr viel investieren, um einen Laden, eine Community zum Fliegen zu bringen.» Aber sie würden alle hart daran arbeiten, irgendwann von ihrem Hobby leben zu können.
Für Landolt steht aber fest, dass man mit dem Laden über der eigenen Gewichtsklasse boxe. «Es laufen viele Events, viele Veranstaltungen. Und das können wir aktuell nur machen, weil wir auch freiwillig sehr viel investieren.»
Es habe viele Tiefs, viele Durststrecken gegeben, sagt Landolt weiter. Aber er habe auch das grosse Glück gehabt, sein Hobby zum Beruf zu machen. «Für mich ist das meine Liebe, meine Passion und das, was ich den ganzen Tag machen kann und darf.»