Gestern gab Grünen-Präsidentin Regula Rytz bekannt, dass sie für den Bundesrat kandidiert – und den Sitz von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis angreifen will.
Ihre grüne Fraktion hat noch nicht definitiv entschieden, das macht sie heute. Doch es ist davon auszugehen, dass sie Rytz lancieren wird. Was also sagen die anderen Parteien dazu? Schliesslich müssten diese Rytz wählen.
Da ist zunächst die SP. Deren Fraktionschef Roger Nordmann sagt grundsätzlich zur Kandidatur von Rytz: «Das ist ein sehr logischer Schritt und das schafft endlich Klarheit.» Er ergänzt: «Ab jetzt wird man diskutieren können, wie man die Zusammensetzung des Bundesrates verbessern kann.»
Wird die SP Rytz unterstützen?
Denn die jetzige Zusammensetzung der Landesregierung mit zwei SVP- und zwei FDP-Bundesrätinnen und Bundesräten spiegle die Ergebnisse der Wahlen nicht mehr.
Doch wird die SP Rytz auch unterstützen? «Das ist noch völlig offen; wir haben noch keinen Entscheid getroffen», sagt Nordmann. Er lässt sich nicht in die Karten blicken.
Diese Grünen wollten schon Bundesrätin oder Bundesrat werden
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Bild 1 von 8. Cécile Bühlmann (LU). Als im Bundesrat im Jahr 2000 ein Ersatz für den zurücktretenden Adolf Ogi (SVP) gesucht wurde, nominierte die Grüne Partei Cécile Bühlmann als Sprengkandidatin. Sie erhielt im ersten Wahlgang 53 Stimmen und zog sich dann nach dem vierten Wahlgang zurück. Gewählt wurde Samuel Schmid (SVP). Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 8. Ruth Genner (ZH). Bei den Bundesratswahlen im Jahr 2003 stand mit Ruth Genner die damalige Co-Präsidentin der Grünen bereit, falls Christoph Blocher (SVP) nicht gewählt worden wäre. Dieser verdrängte jedoch Ruth Metzler (CVP) aus dem Bundesrat, der grüne Plan wurde hinfällig. Ruth Genner erhielt schliesslich 20 Stimmen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 8. Luc Recordon (VD). Mit Luc Recordon wollten die Grünen bereits 2007 Christoph Blocher (SVP) angreifen. Als sich abzeichnete, dass Evelyne Widmer-Schlumpf Chancen hatte, zog Recordon die Kandidatur zurück. 2008 wollten die Grünen mit ihm den Sitz von Samuel Schmid (SVP) beerben. Er erhielt aber weniger als zehn Stimmen. Gewählt wurde schlussendlich Ueli Maurer (SVP). Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 8. Brigit Wyss (SO). Bei den Bundesrats-Ersatzwahlen 2010 wurde Brigit Wyss von der Grünen Partei nominiert, um Nachfolgerin von Hans-Rudolf Merz (FDP) zu werden. Wyss erhielt im ersten Wahlgang 57 Stimmen, zog sich jedoch nach dem dritten Wahlgang zurück. Gewählt wurde Johann Schneider-Ammann (FDP). Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 8. Leni Robert-Bächtold (BE). Die einstige FDP-Politikerin wurde als erste Grüne des Kantons Bern Nationalrätin. Bei den Bundesratswahlen 1987 und 1991 war Robert zwar nicht offiziell nominiert, erhielt jedoch jeweils im ersten Wahlgang beachtliche 17, respektive 19 Stimmen. Gewählt wurde beide Male Adolf Ogi (SVP). Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 8. Pia Hollenstein (SG). 1995 traten vier grüne Frauen in einer Protestwahl bei den Bundesratswahlen an, jedoch ohne durch die Partei nominiert worden zu sein. Neben Cécile Bühlmann, die im Jahr 2000 offiziell kandidierte, gehörte zum Quartett auch Pia Hollenstein. Sie erhielt bei der Wahl von Flavio Cotti (CVP) im ersten Wahlgang 13 Stimmen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 8. Ruth Gonseth (BL). Auch Ruth Gonseth trat 1995 aus Protest und ohne Nomination durch die Partei bei den Bundesratswahlen an. Sie erhielt bei der Wahl von Arnold Koller (CVP) im ersten Wahlgang 12 Stimmen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 8. Franziska Teuscher (BE). Die Berner Stadträtin griff 1995 bei der Bundesratswahl den Sitz von Adolf Ogi (SVP) an. Sie erhielt im ersten Wahlgang 20 Stimmen und zog sich danach wie die anderen drei grünen Kandidatinnen zurück. Bildquelle: Keystone.
Allerdings würde die SP wohl in Erklärungsnot geraten, wenn sie Rytz die Unterstützung verweigert und dafür den attackierten FDP-Bundesrat Ignazio Cassis wählen würde.
Grünliberale und CVP sagen noch nichts
Auch der Präsident der Grünliberalen, Jürg Grossen, hält sich bedeckt. Immerhin sagt er, dass er diese Kandidatur ernst nehme. Die Grünliberalen hätten immer gesagt, sie würden einen «Systemwechsel hin zu einer besseren Vertretung des Volkswillens im Bundesrat» begrüssen.»
Wenn Rytz eine Chance haben will, braucht sie neben der SP und den Grünliberalen auch die Unterstützung der CVP. Diese äusserte sich aber noch nicht. Und die SVP liess ausrichten, dass sie Rytz zu einem Hearing einladen und dann entscheiden werde.
FDP gibt sich gelassen
Was sagt die FDP, deren Bundesrat Cassis angegriffen wird? Fraktionschef Beat Walti zeigt sich gelassen: «Ich glaube, wir müssen die Situation analysieren. Wir haben bereits bekannt geben, dass wir es für richtig halten, dass unsere beiden Mitglieder des Bundesrates eine weitere Amtsdauer absolvieren können», sagt er.
Man werde «alles, was sich jetzt aufgrund der Umstände ergibt» in Ruhe diskutieren – «und dann die nötigen Schlüsse daraus ziehen.»
Heute kommen die meisten Parlamentsfraktionen zum ersten Mal in neuer Zusammensetzung zusammen. Dabei dürfte die Bundesratskandidatur Rytz wohl auch ein Thema sein.