Die Kritik an den schärferen Massnahmen kommt keineswegs überraschend. Die Schweizer Flüchtlingshilfe lehnt alles ab, was Jans will. Lionel Walter, Mediensprecher von der Schweizer Flüchtlingshilfe, fürchtet eine Vorverurteilung. Wenn Jans Menschen aus Algerien, Tunesien und Marokko, ohne grosse Aussichten auf Asyl, von der Schweiz fernhalten wolle, führe dies zu einer Vorverurteilung, bevor ihr Gesuch überhaupt geprüft wurde. Jeder Mensch müsse jederzeit und unabhängig von seinen Chancen ein Asylgesuch stellen können.
Es ist auf jeden Fall sehr problematisch, den Sachverhalt jedes Asylgesuchs in so kurzer Zeit abzuklären
Justizminister Jans möchte das in Zürich getestete und sogenannte 24-Stunden-Verfahren in der ganzen Schweiz anwenden. Innerhalb dieser Zeitspanne sollen die wesentlichen Abklärungen bei Personen, die kaum Aussicht auf Asyl haben, gemacht sein. Alicia Giraudel, Verantwortliche für Asyl und Migration bei Amnesty International Schweiz, kritisiert diese Praxis: «Es ist auf jeden Fall sehr problematisch, den Sachverhalt jedes Asylgesuchs in so kurzer Zeit abzuklären.»
Eine Frage der Sorgfalt?
Giraudel fragt sich, was in dieser kurzen Zeit abgeklärt werden solle. Tempo gehe zulasten der Sorgfalt. Auch die geplante Änderung, dass nur noch unter der Woche Asylgesuche gestellt werden können, vulnerable Personen werden von der Reglung ausgeschlossen, wird von ihr kritisiert: «Es wird von den Asylsuchenden eigentlich erwartet, dass sie ihre Verletzlichkeit von vornherein beweisen, damit sie Einlass erhalten. Wie soll das funktionieren?»
Zudem steht die Frage im Raum, wer am Wochenende die Verletzlichkeit eines Menschen verlässlich abklären könne.
Es darf nicht sein, dass ein Asylgesuch daran scheitert, weil eine Person nicht schreiben kann.
Die Schweizer Flüchtlingshilfe lässt auch kein gutes Haar an der Idee, dass Menschen mit schlechten Chancen auf Asyl bereits vor dem Verfahren ihr Gesuch schriftlich begründen sollen: «Es darf nicht sein, dass ein Asylgesuch daran scheitert, weil eine Person zum Beispiel nicht schreiben kann.» Auch diese Idee zur Abschreckung sei wie alles, was Bundesrat Beat Jans vorschlage, unklar, rechtlich fragwürdig und womöglich gar nicht tauglich im Asylalltag.