Wer in der Schweiz Unterschriften für eine Initiative sammelt, ist auf Drucker, Kugelschreiber oder Papier angewiesen. Im Kanton Schaffhausen soll sich diese Praxis künftig ändern. Mit deutlicher Mehrheit hat das Parlament diese Woche einen Vorstoss angenommen, welcher das sogenannte E-Collecting einführen will: Bürgerinnen und Bürger sollen Volksbegehren elektronisch unterschreiben können.
Schaffhausen ist beim E-Collecting schweizweit Vorreiter.
Schaffhausen wäre der erste Kanton mit einem solchen System. «Der Kanton ist beim E-Collecting schweizweit Vorreiter», sagt Politikwissenschaftler Uwe Serdült vom Zentrum für Demokratie Aarau. Er hat sich in einer Studie mit dem digitalen Sammeln von Unterschriften befasst.
Der Vorteil Schaffhausens gegenüber anderen Kantonen besteht in der technischen Infrastruktur. Seit 2018 hat der Kanton eine elektronische Identität (E-ID). Damit können sich Schaffhauserinnen und Schaffhauser auf Ämtern digital identifizieren. Weiter haben sie online Zugriff auf Dienstleistungen und Formulare von Stadt und Kanton. Das sichere und einfache Werkzeug fürs E-Collecting ist also bereits vorhanden.
Der Vorstoss im Schaffhauser Kantonsrat stammt vom Polit-Aktivisten Claudio Kuster und Informatiker Sandro Scalco. Handschriftliche Unterschriften seien heute nicht mehr zeitgemäss, ist Kuster überzeugt: «Es geht darum, dass wir die direkte Demokratie, welche seit 150 Jahren nur auf dem Papier funktioniert, ins digitale Zeitalter überführen können.» So sollen sich auch jüngere Personen eher politisch engagieren.
Unsere Haltung war, zuerst einem anderen Kanton die Pionier-Arbeit zu überlassen.
Während der Rat das «Volksbegehren per Mausklick» begrüsst, ist die Regierung skeptischer. Derzeit seien noch viele Fragen offen, sagt Regierungspräsident Walter Vogelsanger. Er weist auf den Aufwand hin, welche die Verwaltung betreiben müsse. «Unsere Haltung war, zuerst einem anderen Kanton die Pionier-Arbeit zu überlassen und aufzuspringen, wenn es klappt.»
Trotz Widerwillen muss der Schaffhauser Regierungsrat nun einen Entwurf ausarbeiten, wie das «E-Collecting» umgesetzt werden soll. Anschliessend stimmt der Kantonsrat darüber ab. Dass es bis zur Einführung noch Geduld braucht, ist sich Mit-Initiant Claudio Kuster bewusst. «Dieses oder nächstes Jahr wird es noch nicht so weit sein». Zuerst müssten rechtliche Grundlagen erarbeitet und in Kraft gesetzt werden. Dies daure wohl etwa zwei Jahre.
Dieses oder nächstes Jahr wird es noch nicht so weit sein.
Denn nebst den technischen Fragen müssen auch verfassungsrechtliche Themen geklärt werden: Welche Fristen sollen künftig für Initiativen gelten? Wie viele Unterschriften braucht es für ein Volksbegehren, wenn sie künftig einfacher zusammenkommen? Erst wenn die Politik diese Fragen beantwortet hat, können Drucker, Kugelschreiber und Papier beim Sammeln von Unterschriften wegfallen.