Seit den 1970er-Jahren nimmt in den Industrieländern bei Männern die Spermien-Konzentration ab. Gemäss neusten Studienergebnissen weisen bereits zwei Drittel der untersuchten Männer eine schlechte Spermien-Qualität auf.
Christian Sigg forscht in seinem Fachgebiet der Männerheilkunde seit Jahren zu diesem Thema. Für ihn ist klar, dass neben Nikotin und Alkohol die Umweltbelastungen und hormonelle Substanzen für den schlechten Zustand der Spermien eine wichtige Rolle spielen.
SRF: Was weiss man über die Ursachen der schlechten Spermienqualität?
Christian Sigg: Es sind einerseits äussere Ursachen, vor allem Rauchen, Alkohol, Medikamente, Giftbelastungen oder Hitze. Auch das Hormon Testosteron beim Bodybuilding ist für Samenzellen tödlich.
Wir sind von solchen Substanzen umgeben. Die Aufnahme erfolgt über die Haut oder über die Lunge.
Andererseits gibt es genetisch vererbte Ursachen. Der wichtigste Grund für die Einschränkungen sind aber Umweltbelastungen und Substanzen, die wie weibliche Hormone wirken.
Was sind das genau für Substanzen?
Dazu gehören Plastikverarbeitungen, Gummiverarbeitungen, Kosmetik, Baumaterialien und Lösungsmittel. Wir sind von solchen Substanzen umgeben. Die Aufnahme ist einerseits über die Haut möglich oder aber über die Lungen.
Wie hat sich die künstliche Befruchtung in den letzten 40 Jahren entwickelt?
Wir haben da einen wahnsinnigen Boom erlebt. Es wurden Methoden und Techniken entwickelt, mit denen man sehr vielen Patienten helfen kann. Doch in den letzten zehn Jahren kam es zu einem Stillstand. Jetzt nehmen die Erfolgsquoten nicht mehr weiter zu. Wir sind davon überzeugt, dass dies so ist, weil wir noch zu wenig über die defekten Samenzellen wissen.
Wieso weiss man noch so wenig?
Einerseits, weil die Andrologie eine junge Disziplin ist. So richtig angefangen hat sie erst in diesem Jahrtausend, darum gibt es weiterhin zu wenig Lehrstühle. Andererseits gibt es nur wenige Behandlungen, welche die Pharmaindustrie dazu verleitet, Geld zu investieren. Wir sind also noch auf staatliche Förderungen angewiesen.
Unter den Kinderlosen gibt es sehr viele übergewichtige Männer.
In wie vielen Fällen sind denn die Spermien des Mannes das Problem, wenn es mit der natürlichen Fortpflanzung nicht klappt?
In mehr als 50 Prozent der Fälle ist die Spermien-Qualität verantwortlich.
Was kann man gegen eine schlechte Spermien-Qualität machen?
Wenn es äussere Ursachen sind, versucht man, diese zu beheben. Das können zum Beispiel Genussmittel sein, die man einschränken muss. Ein anderer wichtiger Punkt ist Übergewicht. Es gibt sehr viele übergewichtige Männer unter den Kinderlosen. Auf der anderen Seite versucht man aufgrund von Spermien-Untersuchungen und Hormonanalysen Medikamente zum Einsatz zu bringen, um die Qualität und Quantität der Samenzellen zu verbessern.
Das Gespräch führte Stephan Rathgeb.