SRF News: Der Migrationsdruck aus Nordafrika ist derzeit enorm. In den vergangenen Wochen und Tagen sind Zehntausende Menschen übers Mittelmeer gekommen. Wie spüren Sie das bei Ihrer Arbeit an der Grenze?
Patrik Benz: Wir werden den Migrationsdruck, der jetzt gerade in Süditalien stattfindet, erst verzögert an der Schweizer Südgrenze spüren. Seit Beginn des Jahres verzeichneten wir vor allem viele Menschen aus Kosovo. Erst in den nächsten Tagen und Wochen erwarten wir die Menschen, die nun übers Mittelmeer in Süditalien angekommen sind, auch an unserer Grenze.
Wie bereiten Sie sich auf diesen erwarteten Anstieg von Migranten und Flüchtlingen vor?
Wir beurteilen die Lage laufend und sprechen uns mit unseren Partnern, vor allem mit dem Staatssekretariat für Migration, ab. Sobald wir konkrete Hinweise haben, führen wir einen gezielten Einsatz durch. Je nach Ausgangslage leiten wir dafür auch Verstärkungsmassnahmen ein.
Wie gross ist denn überhaupt das Phänomen des Menschenschmuggels – der Schlepperei – in die Schweiz?
Unser Fokus liegt ganz klar bei den kriminellen Schleppern. Sie profitieren von der Notlage der Flüchtlinge und Migranten. Die Schlepper können Einzelpersonen sein, oftmals sind es aber ganze Netzwerke. Mit gezielten Operationen und Schwerpunkteinsätzen versuchen wir, ihnen entgegenzuwirken. Im letzten Jahr haben wir 80 Prozent mehr Schlepper angehalten als im Jahr 2013. In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres verzeichneten wir einen Anstieg um 93 Prozent; das ist auf die Welle von Migranten aus Kosovo zurückzuführen. Die mutmasslichen Schlepper stammten in diesen Fällen selber auch aus Kosovo. Für die nächsten Wochen und Monate gehen wir davon aus, dass vermehrt Personen aus dem afrikanischen Raum als Schlepper auftreten werden. Es könnten auch ganze Schlepper-Organisationen ins Spiel kommen, die entlang der verschiedenen Routen in Richtung Norden in Aktion treten.
Wie gut sind die Schlepper organisiert?
Es gibt zwei Gruppen: Die sehr gut organisierten Schlepper funktionieren wie ein grosses Netzwerk. Sie haben verschiedene Unterbringungsmöglichkeiten für die Migranten, Transportfahrzeuge und gefälschte Dokumente. Oftmals organisieren diese Schlepper-Netzwerke den ganzen Transit von ausserhalb Europas bis nach West- oder Nordeuropa. Daneben gibt es jene Gruppe Schlepper, die von der Notlage der Migranten und der aktuellen Situation profitiert. Sie machen die Not der vielen Flüchtlinge einfach zu ihrem Geschäft.
Sie haben letztes Jahr deutlich mehr Schlepper gefasst als im Jahr zuvor. Das sind aber häufig kleine Fische, die die Arbeit an der Grenze machen. Wie sieht es mit den Hintermännern aus?
Das ist so: Wir kriegen zunächst vor allem die kleineren Fische zu fassen – das müssen wir uns klar bewusst sein. Die Organisatoren der Schlepper-Netzwerke befinden sich gar nicht hier in der Nähe oder treten gar nicht in Erscheinung. Entsprechend schwierig ist es, sie zu fassen. Nur durch enge internationale Zusammenarbeit kann in diesem Bereich etwas erreicht werden. Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder Schlepper-Organisatoren, die in der Nähe operieren und dank internationaler Zusammenarbeit dingfest gemacht werden können.
Wie sieht Ihre Bilanz im Kampf gegen die Schlepper aus? Können Sie da noch etwas verbessern?
Bereits jetzt versuchen wir unser Möglichstes zu tun, denn das Schlepperei-Geschäft ist ein sehr elendes Geschäft. Dabei nutzen wir die Synergien mit den Kantonspolizeien möglichst optimal. Ziel ist eine noch konsequentere Strafverfolgung von Schleppern und deren Netzwerken. Wir setzen die uns zur Verfügung gestellten Mittel gezielt ein. Damit erreichen wir das, was möglich ist.
Das Gespräch führte Barbara Peter.