Nach Jahren der Krise kam der dynamische Michael Lauber wie gerufen, als er 2012 die krisengeschüttelte Bundesanwaltschaft übernahm. Scharf denkend, klar formulierend und stets perfekt gekleidet, beeindruckte er die kritische Schweizer Öffentlichkeit. Die Bundesanwaltschaft war seit bald 20 Jahren immer wieder in den Schlagzeilen gewesen. Meistens negativ:
- Carla del Ponte (1994-1998) liebte den martialischen Auftritt zuerst gegen Mafiabosse und später als UNO-Chefanklägerin gegen Kriegsverbrecher. Ihre Erfolgsbilanz als Bundesanwältin war eher dünn.
- Ihr Nachfolger Valentin Roschacher (2000-2006) hatte wenig Glück. Er wollte eine schlagkräftige Behörde gegen Geldwäscherei aufbauen, stolperte aber über den Fall des Bankiers Oskar Holenweger.
- Erwin Beyeler (2007-2011) agierte nach den stürmischen Roschacher-Jahren eher farb- und glücklos.
Lauber stand vor der grossen Aufgabe, die etwas behäbige Bundesanwaltschaft für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts fit zu trimmen. Diese ging er mit einer schnellen Reorganisation zackig an. Einige Staatsanwälte blieben auf der Strecke, wurden nicht wiedergewählt.
Fokus auf grosse, internationale Fälle
Lauber fokussierte in der Folge auf grosse, internationale Fälle. Diese bescherten Newscoverage gar auf CNN. Er organisierte die «BA» neu in Taskforces von Staatsanwälten und Spezialisten, um den immer komplexer werdenden Fällen gerecht zu werden. Die «BA» wurde technisch und personell aufgerüstet.
2015 wurde Lauber mit einem Glanzresultat wiedergewählt. Doch nach Reorganisation und Wahl musste er jetzt Resultate bringen, mit Anklagen vor das Bundesstrafgericht in Bellinzona gelangen.
Eine schwere Niederlage und langwierige Fälle
Und da begannen die Probleme. Etwa 2016 brachte die Bundesanwaltschaft einen Fall von Kreditkarenbetrug mit 133 000 Opfern vor Bundestrafgericht. Eine Verurteilung der Beschuldigten lehnte das Gericht ab, eine schwere Niederlage für Lauber.
Die «neuen» Fälle (FIFA, Petrobras, 1IMDB) sind komplex, aufwändig und dauern extrem lange. Die Öffentlichkeit fragt sich zunehmend, was die «BA» die ganze Zeit macht.
Der Mammut-Fall Fifa
Der Fall Fifa, der wegen informeller Treffen zwischen Verbandspräsident Gianni Infantino und Bundesanwalt Lauber wieder einmal zu reden gibt, dürfte für letzteren zum «pièce de résistance» werden. Aus einer simplen Strafanzeige Ende 2014 ist ein Verfahrenskomplex Fifa geworden.
«Die BA führt heute 25 Strafuntersuchungen, arbeitet mit 15 ausländischen Strafbehörden zusammen und analysiert eine [...] Datenmenge von 19 Terrabytes an sichergestellten Unterlagen», schreibt die Aufsichtsbehörde im heute veröffentlichten Bericht. Dass dies Tatbestände ungetreue Geschäftsbesorgung, Betrug, Veruntreuung und Geldwäscherei je einmal zur Anklage kommen, ist unsicher.
Jetzt geht es um die Wiederwahl
Kommen jetzt noch «handwerkliche Probleme» von Bundesanwalt Lauber dazu, macht das seine schwierige Aufgabe noch anspruchsvoller. Lauber will im Juni vom Parlament wiedergewählt werden. Kann er bald und schlüssig erklären, warum er das dritte Treffen mit Gianni Infantino verschwieg, dürfte er die Wiederwahl schaffen. Wenn nicht, wird es schwierig.
Für die Kontinuität der Strafverfolgung in diesem Land wäre eine Wiederwahl sinnvoll. So könnte der ehrgeizige Solothurner beweisen, dass er die vielen angerissenen Dinge zu einem erfolgreichen Ende bringen kann. Wenn nicht, wird er wie seine Vorgänger gehen: mit wenigen Erfolgen.