Sie trafen sich mindestens zweimal in Restaurants in Bern und Zürich, wahrscheinlich gar dreimal. Was Bundesanwalt Michael Lauber und Fifa-Präsident Gianni Infantino damals besprochen haben, weiss niemand. Es gibt kein Protokoll, keine Akten. Das sei ein Problem, sagt Hanspeter Uster, der Präsident der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft. «Der Punkt ist, dass man mit solchen informellen Sachen einen Fall in Frage stellen kann. Das sehe ich als Problem an.»
Informelle Treffen gehören dokumentiert
Konkret kann der Anschein entstehen, dass der Bundesanwalt die Fifa bevorzugt behandelt hat. Zwar läuft kein Strafverwahren gegen die Fifa, wohl aber gegen frühere Fifa-Funktionäre. Es geht unter anderem um Betrug, Veruntreuung und Geldwäscherei.
Informelle Treffen seien erlaubt und hilfreich, etwa um Verfahrensfragen in solch komplexen Fällen zu klären, sagt Aufsichtspräsident Uster, aber: «Sie müssen gegenüber den anderen Verfahrensbeteiligten transparent erfolgen und deswegen ist eine Dokumentation unumgänglich.»
Usters Behörde hat der Bundesanwaltschaft formell «empfohlen», solche Treffen künftig zu dokumentieren. Die Bundesanwaltschaft sagt, sie habe das umgesetzt. Das heisst konkret, die Eckdaten wie Ort, Zeit und wesentliche Inhalte informeller Treffen werden neu schriftlich festgehalten, wie die Bundesanwaltschaft festhält.
Ich würde von einem Fehler, der passiert ist, nicht gleich auf die Glaubwürdigkeit schliessen.
In den Fussball-Strafverfahren wird das Bundesstrafgericht entscheiden, ob die «nicht protokollierten Treffen» zulässig waren. Laut Uster haben Verfahrensbeteiligte bereits beim Gericht interveniert. Im Raum steht zum Beispiel die Frage, ob der Bundesanwalt wegen dieser Treffen befangen sei.
Kritik am Bundesanwalt
Bundesanwalt Lauber steht in der Kritik. Aufsichtspräsident Uster sagt, in Bezug auf Laubers Glaubwürdigkeit: «Ich würde von einem Fehler, der passiert ist, nicht gleich auf die Glaubwürdigkeit schliessen. Die Frage ist aber, ob es sinnvoll ist, dass ein Fall nicht zu Ende geführt werden kann, weil man eine simple Vorgabe der Strafprozessordnung nicht umgesetzt hat.»
Bundesanwalt Lauber erwartet möglicherweise noch weiteres Ungemach. Im Herbst hatte er gegenüber Medien und Aufsichtsbehörde von zwei Treffen mit Fifa-Präsident Infantino gesprochen. Medienberichte aber deuten inzwischen gestützt auf Untersuchungsakten stark auf ein drittes Treffen im vorletzten Jahr hin. Diese Entwicklung habe ihn überrascht, sagt Hanspeter Uster. «Wir wollen wissen, was wirklich geschehen ist, auch im Interesse aller beteiligten Personen und Institutionen», so Lauber.
Wiederwahl im Juni
Ob Bundesanwalt Lauber wissentlich etwas Falsches zum ominösen dritten Treffen gesagt hat, klärt die Behörde nun ab. Sie befragt dazu verschiedene Personen. Anfang Mai entscheidet sie, ob sie ein Disziplinarverfahren gegen Lauber einleitet. Ein solches Verfahren kann von einem Verweis über eine Lohnkürzung bis zu einem Antrag auf Amtsenthebung führen.
Allein schon die Einleitung eines Disziplinarverfahrens käme für Lauber zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Im Juni möchte er vom Parlament für eine weitere Amtsperiode bestätigt werden.