Die Schweizer Hochseekapitäne warnen ultimativ vor dem Untergang: Im Jahr 2022 könnte die Schweiz auf die gefürchtete schwarze Liste von Seefahrtsnationen abrutschen. Auf dieser Liste finden sich derzeit 14 Staaten, darunter Togo, Kongo oder Kambodscha. Ihre Hochseekähne bestehen zu viele Sicherheitsprüfungen nicht, oder die Reedereien schulden ihren Crews Löhne.
Die verbliebenen drei Schweizer Reedereien schreiben in ihrem Hilferuf, dass für die Schweiz ein extrem hohes Risiko bestehe, ebenfalls auf der schwarzen Liste zu landen. «Das wäre für Reeder mit Schiffen unter Schweizer Flagge existenzbedrohend», sagt Andriu Bonnevie-Svendsen von der Swiss Shipowners Association. Denn Reedereien auf der schwarzen Liste erhielten kaum mehr Aufträge, die Schiffe könnten nicht mehr rentabel betrieben werden. Gelange man auf die schwarze Liste, drohe die Insolvenz.
Dem Bund droht ein Totalschaden
Weil die Reedereien in diesem Fall ihre Schulden nicht mehr bedienen könnten und der Bund für sie bürgt, würden die Bürgschaften von den kreditgebenden Banken wohl gezogen, so der Geschäftsführer der Reederei Zürich AG, Bonnevie-Svendsen. Im Klartext: Dem Bund droht ein Totalschaden in Höhe von weit über 300 Millionen Franken.
Doch wie kann es sein, dass die Schweiz auf diese schwarze Liste gelangen könnte? Verkürzt gesagt: weil eine einzige Schweizer Reederei, für die der Bund bereits bürgen musste, im letzten Jahr bei Kontrollen gleich fünfmal hängen blieb. Solche sogenannten Festhaltungen müssen jetzt alle Schiffe unter Schweizer Flagge mit guten Prüfergebnissen kompensieren.
Alle Schweizer Schiffe werden bestraft
Weil die Schweizer Flotte aber nur noch sehr klein sei, sei es praktisch unmöglich, diese Scharte noch auszuwetzen, sagt Bonnevie-Svendsen. «Die Schiffe der anderen Reeder, welche die Festhaltungsmassnahmen nicht verursacht haben, werden jetzt bestraft.» Der Bund solle sich daher für ein Moratorium beim entsprechenden internationalen Kontrollabkommen einsetzen, um Zeit zu gewinnen.
Die Schiffe der anderen Reeder, welche die Festhaltungsmassnahmen nicht verursacht haben, werden jetzt bestraft.
Beim Bund bestätigt das zuständige Seeschifffahrtsamt auf Anfrage von Radio SRF, dass die Gefahr erkannt sei. Deshalb kontrolliere man die Schweizer Schiffe jetzt vorab selber. Das habe Früchte getragen, teilt das Amt schriftlich mit: «Seit Dezember 2019 wurden keine Festhaltungen von Schiffen unter Schweizer Flagge mehr verzeichnet.»
Das zuständige Departement ist gefordert
Doch das nütze jetzt auch nichts mehr, erwidern die Reeder. Und das wiederum schreckt nun auch die Politik auf. So sagt der Präsident der Finanzkommission, FDP-Nationalrat Albert Vitali: «Ich erwarte vom zuständigen Departement, dass man diese Ausgangslage wirklich ernst nimmt.»
Das Seeschifffahrtsamt seinerseits schreibt, es prüfe die Forderungen der Reeder. Dazu gehört auch der alte Wunsch der Reeder nach einem anderen, für sie besseren Steuermodell. Sie möchten seit langem nach Tonnage besteuert werden, einer Art Pauschalsteuer nach dem Gewicht der Schiffe. Nur so könne die Branche in der Schweiz überleben, warnt sie.
Auch wenn die Schweizer Reeder den neusten Sturm also überleben: die politische Debatte um die Branche wird so schnell nicht abflauen.