Was und wie unterrichtet wird, ist Sache der Schule. Ein Fall aus dem Kanton Zürich zeigt allerdings: Eltern sind teils bereit, Schulen und Lehrpersonen massiv unter Druck zu setzen – ein homosexueller Lehrer wurde nach einer Barrage von Beschwerden von konservativen Eltern nun sogar entlassen, wie der Zürcher Oberländer schreibt. In diesem wie anderen Fällen ist der Auslöser der Sexualunterricht.
«Sexualität, Diskriminierung und Geschlecht – das sind Themen, die ich aufgrund des Lehrplans 21 behandeln muss. Und das missfällt einigen Eltern», sagt ein Lehrer, der selbst schwul ist, zu SRF. Michel von Känel ist seit zwei Jahren Fachlehrer an der Kreisschule Aarau-Buchs. Er unterrichtet unter anderem Natur und Technik, und damit Sexualkunde.
Er selbst hat bisher keine solchen Erfahrungen mit Eltern gemacht. Er merke aber, dass er als homosexuelle Lehrperson sehr darauf achte, wie er Themen behandle. Von Känels privates Hobby ist dabei an der Kreisschule seinen Schülern und deren Eltern bekannt: Drag. Nachts verwandelt er sich gerne mal in die Kunstfigur «Paprika».
Bevor der Sexualunterricht startet, richtet er sich jeweils an die Eltern: «Es kann sein, dass der Unterricht nicht mit politisch oder religiösen Überzeugungen übereinstimmt. Aber das ist ja okay. Das ist an ganz vielen Orten so.» Man schaue sich auch den Klimawandel an. Gewisse Leute sagen, es gebe keinen Klimawandel, so von Känel. «Trotzdem wollen wir den Klimawandel in unserem Unterricht behandeln, genauso wie wir auch Sexualitäten und Geschlechtsidentitäten behandeln.»
Zunahme an Beschwerden
Pfäffikon ist kein Einzelfall. Immer wieder sorgen vermeintlich besorgte Eltern für Schlagzeilen, wenn es um den Sexualunterricht geht: Konservative Christen wollen beispielsweise den Begriff Klitoris zensieren. Eltern wollen Sexualkunde gesetzlich verbieten. Andere Eltern wiederum zogen bis vor Bundesgericht und wollten ihre Kinder vom Sexualunterricht dispensieren lassen – vergeblich. Und wieder andere belehren Lehrpersonen.
«Insgesamt stellen wir fest, dass Eltern sich vermehrt bei der Schule melden, zum Teil auch Druck ausüben», sagt Christian Hugi, Präsident des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbandes. Es gehe häufig auch um Beurteilungsfragen. Oder wenn sich Kinder in der Schule streiten, greifen die Eltern ein und setzen Lehrpersonen unter Druck. Führe eine Lehrperson aber den Auftrag korrekt und professionell aus, müsse sich die Schule unbedingt schützend vor die Lehrperson stellen, sagt Hugi klar.
«Hey, ich bin Dragqueen»
Michel von Känel fühlt sich durch den Lehrplan 21 geschützt, da dieser klar vorschreibe, was er zu tun habe und dies politisch abgesegnet sei. Unterstützt fühlt er sich auch von der aktuellen Schulleitung. Von Känel spielte dabei mit offenen Karten und sagte schon von Anfang an: «Hey, ich bin Dragqueen, ich bin homosexuell. Und wenn das ein Problem ist, dann möchte ich hier auch gar nicht arbeiten.»
Sexualität, Diskriminierung und Geschlecht. Das Thema ist für dieses Jahr bereits erledigt. Erst nächsten Frühling steht beim Lehrer in Aarau der Sexualunterricht wieder auf dem Programm.
Der betroffene Lehrer aus Pfäffikon wird weiterhin an einer anderen Schule als Lehrer tätig sein. Auch dort will er offen mit seiner sexuellen Orientierung umgehen, wie er SRF mitteilte.