Die Frontex wird ausgebaut, die Festung Europa verstärkt. An dieser Entwicklung soll sich auch die Schweiz beteiligen. Normalerweise sind die Fronten im Rat bei solchen Themen klar, ebenso die Mehrheiten. Heute aber nicht. Denn die Ratslinke machte eine Unterstützung davon abhängig, ob die Schweiz parallel dazu auch mehr Flüchtlinge aufnimmt.
Im Parlament sorgte das für hitzige Debatten. Da waren zunächst die Grünen: Sie haben grundsätzliche Bedenken gegenüber dem Ausbau des europäischen Grenzschutzes und der Agentur Frontex. So hielt der Neuenburger Nationalrat Fabian Fivaz fest: «Von sechs Millionen Euro im Jahr 2005 wird die Agentur am Ende ihrer Entwicklung fast eine Milliarde Euro pro Jahr ausgeben. Europa ist dabei, eine regelrechte Armee aufzubauen.»
Eine Armee, die in letzter Zeit auch durch Menschenrechtsverletzungen aufgefallen sei, weil sie etwa Flüchtlinge auf hoher See zurückgestossen habe. Deshalb müsse man Frontex eigentlich auflösen, sagte er weiter. Nicht ganz so weit ging die SP, aber auch sie will einem Ausbau nicht einfach so zustimmen.
Forderung nach humanitären Massnahmen
Die Schweiz müsste ihren personellen und finanziellen Beitrag in den nächsten Jahren sukzessive ausbauen, von heute 24 Millionen auf 61 Millionen Franken im Jahr 2027. Dazu sagte SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf aus Zürich: «Die SP ist nicht mehr gewillt, solchen Vorlagen zuzustimmen, die einzig und allein die Festung Europa weiter ausbauen und über keinerlei humanitäre Ausgleichsmassnahmen verfügen.»
Die SP will zusätzlich zum Ausbau von Frontex als humanitäre Geste mehr Kontingentflüchtlinge aufnehmen, sogenannte Resettlement-Flüchtlinge. Statt 1500 sollen es im Zweijahres-Rhythmus 4000 sein. Auch die Grünen und die Grünliberalen unterstützen diese Forderung. So hing das SP-Begehren von der Mitte ab.
Doch Mitte-Nationalrätin Ida Glanzmann winkte ab. «Mit einer Hauruck-Übung, die in dieser Vorlage fremd am Platz ist, möchte man hier ein Zeichen setzen. Wir finden dies nicht richtig», sagte die Luzernerin. «Mit Vorstössen kann man das so platzieren, dass es wirklich richtig gemacht wird und dass der Bundesrat auch richtig entscheiden kann über die Erhöhung der Resettlements.»
SVP als Zünglein an der Waage
Auch die FDP wollte von der SP-Forderung nichts wissen. Damit stellte sie sich die Frage: Wie bringen die beiden bürgerlichen Parteien eine europapolitische Vorlage, den Ausbau von Frontex, durch, wenn die Grünen und vor allem die SP nicht mitmachen? Dann sind sie auf die SVP angewiesen, die sonst zu praktisch allen europapolitischen Vorlagen Nein sagt.
Der Schwyzer Pirmin Schwander hielt denn auch fest: «Die aktuelle Vorlage ist für die SVP nicht ganz einfach.» Die SVP tut sich grundsätzlich schwer mit Frontex und Schengen/Dublin, aber auch sie ist für einen besseren Grenzschutz. Weshalb die grosse SVP-Mehrheit am Ende dem Ausbau von Frontex zustimmte. Es dürfte wohl das erste Mal gewesen sein, dass eine europapolitische Vorlage mit einer Mitte-Rechts-Mehrheit durchkam.