Erhebungen des Bündner Amtes für Wald- und Naturgefahren zeigen, dass es in den Schutzwäldern des Kantons ein Problem gibt: In manchen Regionen wachsen keine neuen Bäume nach, die den Schutzwald später stärken. «Die Naturverjüngung funktioniert momentan nicht», sagt der Bündner Kantonsförster Urban Maissen. Dabei würden Wildtiere eine wesentliche Rolle spielen. Denn zu viele Hirsche, Rehe und Gämse fressen die Knospen und Triebe der jungen Bäume. Dies führt dazu, dass die künftigen Schutzbäume eingehen.
Wildbestände markant reduzieren
Die Regierung des Kantons Graubünden reagiert nun mit einer neuen Strategie auf das Problem. Dank einer guten Waldbewirtschaftung, besseren Lebensräumen für die Tiere und einer teilweise markanten Reduktion der Wildtierbestände sollen die meisten Baumarten im Bündner Wald bis in zehn Jahren von alleine nachwachsen – ohne Zäune und andere Massnahmen, die vor Frassschäden schützen. So wie es das Gesetz eigentlich schon heute vorschreibt.
«Wir müssen die Wildbestände dem Lebensraum anpassen», sagt der Bündner Jagdinspektor Adrian Arquint. Für jede Region sollen Ziele definiert werden. Absolute Vorgaben gibt es jedoch nicht. Eine starke Reduktion beim Hirsch würde beispielsweise bedeuten, dass der Bestand in der betroffenen Region in den nächsten fünf Jahren um 15 Prozent reduziert werden soll.
Viel Arbeit für Jägerinnen und Jäger
Um die Strategie zum Schutz des Waldes umsetzen zu können, sei man auf die Jägerinnen und Jäger angewiesen, sagt Jagdinspektor Arquint: «Es nützt nichts, wenn wir auf dem Papier etwas definieren, die Jäger am Ende aber nicht mitmachen.»
Es nützt nichts, wenn wir auf dem Papier etwas definieren, die Jäger am Ende aber nicht mitmachen.
Bedenken, die im Moment unbegründet sind, wie eine Nachfrage beim Bündner Patentjägerverband zeigt. «Die Strategie finde ich sehr gut. Es wurde Zeit, dass man das Thema angeht», sagt Verbandspräsident Tarzisius Caviezel. Die ambitionierten Ziele der Regierung seien jedoch nur zu erreichen, wenn die Bündner Jagd attraktiver gemacht würde.
Änderungen bei den Jagdregeln
Auch der neu gegründete Ökologische Jagdverein Schweiz lobt die Bündner Schutzwald-Strategie. Die Regierung in Graubünden mache damit einen Schritt nach vorne und anerkenne erstmals das Problem, sagt Forstingenieur und Mitglied des Vereinsvorstandes Sandro Krättli. Aber: Für die Umsetzung der Strategie brauche es Anpassungen bei den Jagdregeln.
So müsse man beispielsweise über weniger Vorschriften beim Reh oder andere Jagdzeiten beim Hirsch diskutieren, sagt Krättli: «Bisher hat man bei der Bündner Jagd nur Feinjustierungen vorgenommen. Das reicht aber einfach nicht.» Für das nächste Jahr fordert Krättli deshalb deutliche Änderungen bei der Jagdplanung.