Ab und zu die Geräusche eines Flugzeugs – oder eben auch das Bellen der Hunde, welche die Herde der Familie Bernold bewachen. Es sind sogenannte Pyrenäenberghunde, welche die Schafe beim Hof in Mels und auf einer Weidefläche in Chur bewachen. Grosse, kräftige Tiere mit einem Gesicht, das dem Golden Retriever ähnelt.
Die Hunde sind bei der Schafherde, die eingezäunt ist. «Sie beobachten ganz genau, was rund um den Zaun geschieht und verteidigen die Herde – auch im Tal», sagt die Bäuerin und Hundebesitzerin Olivia Bernold.
Schwierige Zeit im Winter
«Es gibt hier immer wieder mal unschöne Begegnungen mit Spaziergängern, Joggerinnen oder Reitern», sagt Olivia Bernold. «Leute haben schon die Polizei gerufen, weil einer der Herdenschutzhunde ausserhalb der abgezäunten Weidefläche war», ergänzt Martin Bernold. Das fänden sie schwierig.
Herden mit Hunden zu schützen, dieses Konzept verfolgt der Bund seit der Jahrhundertwende, als der Wolf wieder in der Schweiz aufgetaucht ist.
Der Hundehalter ist verpflichtet, den Hund permanent unter Kontrolle zu haben.
Zwischen Sicherheit, Herdenschutz und Wildschutz gibt es Zielkonflikte. «Oberstes Gebot ist, dass der Hundehalter den Hund permanent unter Kontrolle hat», sagt der St. Galler Amtstierarzt Thomas Christen.
Theoretisch streng reguliert
Personen, die offiziell Herdenschutzhunde halten, werden begutachtet. Es gibt Auflagen und Kontrollen, wie die offizielle Fachstelle Herdenschutz Schweiz schreibt. Die Fachstelle weist im Sommer auf ihrer Internetseite zum Beispiel auch aus, wo Herdenschutz-Hunde im Einsatz sind, damit sich Wanderer orientieren können.
«Es gibt allerdings immer mehr Hundehalter, die privat Herdenschutzhunde halten», sagt Thomas Christen. Sie verzichten auf Direktzahlungen vom Bund. Andererseits werden ihre Tiere dadurch auch nicht so engmaschig begutachtet und kontrolliert, wie die offiziellen Herdenschutzhunde. Das ist laut Amtstierarzt nicht unproblematisch.
Die Kantone können nach Zwischenfällen mit Herdenschutzhunden Massnahmen anordnen, die von Erziehungsmassnahmen über einen Maulkorb bis zur Beschlagnahmung oder Tötung des Hundes gehen. Jeder Kanton hat eigene Gesetze.
Ein Hund, der für eine grosse Herde verantwortlich ist, kann nicht ein braver und stiller Schosshund sein.
«Es geht um die Co-Existenz von Landwirtschaft und Wolf», sagte der Geschäftsführer des St. Galler Bauernverbandes Mathias Rüesch an einer Informationsveranstaltung im März. Natürlich könne ein Hund, der für eine grosse Herde verantwortlich sei, kein stiller Schosshund sein.
Mila Yong vom WWF Appenzell plädierte an der Veranstaltung für das Miteinander: «Die Leute im Tal müssen akzeptieren, dass sie während einer gewissen Zeit vielleicht etwas vorsichtiger an Wiesen vorbeilaufen müssen.»
Hunde brauchen regelmässiges Training
«Herdenschutzhunde sind im Winter zum Teil unterfordert», beobachtet der Amtstierarzt. Regelmässiges Training sei wichtig. Und er fügt an: Es gab im Kanton St. Gallen nicht mehr Zwischenfälle mit Herdenschutzhunden, als mit anderen Hunden.
Die vier Hunde von Bernolds sind so erzogen, dass sie auf der Alp praktisch allein rund um die Uhr ihre Herde schützen können.
«Wir haben ein gutes Verhältnis mit den Nachbarn», sagen Olivia und Martin Bernold. «Aber, wir würden uns noch etwas mehr Verständnis von jenen Menschen wünschen, die im Tal an einer Herde mit Schutzhunden vorbeilaufen.»
Ende Mai gehen sie wieder «z'Alp». Mit dabei auch die vier Herdenschutzhunde, die sie seit acht Jahren haben. «Wir haben seither keinen einzigen Wolfsriss erlebt.»