Noch nie seit dem 2. Weltkrieg waren so viele Menschen auf der Flucht, wie gegenwärtig. Alleine im Bürgerkriegsland Syrien sind derzeit 3,5 Millionen Menschen auf der Flucht. In einem offenen Brief forderten deshalb verschiedene Flüchtlingsorganisationen der Schweiz vergangene Woche die Aufnahme von 100'000 syrischen Flüchtlingen.
Nun reagiert der Bundesrat auf diese Forderung und hat Abklärungen in Auftrag gegeben. Das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) wird nun verschiedene Varianten eingehend prüfen, wie es mitteilte. Konkreter wollte Léa Wertheimer, Sprecherin des Staatssekretariates für Migration (SEM), nicht werden. Es gehe darum, sich verschiedenste Optionen offen zu halten. Ende Februar muss das EJPD dem Bundesrat Bericht erstatten.
Enge Zusammenarbeit mit Kantonen
Das EJPD will bei der Prüfung der Varianten eng mit den Kantonen zusammenarbeiten, wie Wertheimer weiter sagte. Es gehe darum, beispielsweise die Frage der Unterbringung zu diskutieren. Auch will das EJPD seine Abklärungen nach Möglichkeit in Koordination mit anderen europäischen Staaten durchführen.
Mit einem Postulat erteilte der Nationalrat dem Bundesrat schon im vergangenen Sommer den Auftrag, zusammen mit den europäischen Staaten Wege zu finden, um Flüchtlingen aus Syrien vermehrt zu helfen. Namentlich sollte er prüfen, wie deutliche grössere Gruppen von Geflohenen als bisher aufgenommen werden könnten.
Seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges hat die Schweiz nach Angaben vom Mittwoch rund 9000 schutzbedürftige Syrer aufgenommen. Zwischen September und November 2013 konnten Syrer mit Verwandten in der Schweiz erleichtert einreisen. Rund 4600 Visa wurden im Rahmen dieses Entscheides ausgestellt.
Im Herbst 2013 beschloss der Bundesrat zudem, innerhalb von drei Jahren ein Kontingent von 500 besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen aufzunehmen. 168 Personen reisten in diesem Rahmen bisher ein, weitere 25 werden dieser Tage im Kanton Genf erwartet.
Forderung nach mehr Aufnahmen
Das UNHCR und andere Hilfswerke fordern die westlichen Länder immer wieder auf, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Bilder von Not leidenden Menschen in Lagern und Flüchtlingsdramen an Bord von verlassenen Frachtschiffen verstärkten die Forderung nach mehr Schutz für Syrer und sicheren Wegen nach Europa.
SVP-Nationalrat Heinz Brand (GR) brachte Anfang Jahr zudem den Status S ins Spiel. Dieser erlaubt eine vorübergehende Aufnahme von schutzbedürftigen Menschen in der Schweiz.
Hilfe vor Ort vordringlich
Für vordringlich hält der Bundesrat nach wie vor die Hilfe vor Ort, sowohl in Syrien selbst als auch in den Nachbarstaaten. Seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges 2011 bewilligte die Landesregierung insgesamt rund 128 Millionen Franken für Hilfe vor Ort. Die Schweiz unterstützte eigene Projekte und internationale Organisationen.
Der Bundesrat beauftragte das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), zu prüfen, wie mit dem bewilligten Geld die humanitäre Hilfe verbessert werden kann. Die Rede war von einer allfälligen Neuzuweisung der vorhandenen Mittel.
Nach Angaben im Communiqué sind wegen des Bürgerkrieges in Syrien inzwischen 15 Millionen Menschen von Nothilfe abhängig, davon 12 Millionen Menschen in Syrien selbst. 3,5 Millionen Flüchtlinge aus Syrien wurden in Nachbarländern aufgenommen.