Gut 7000 Afghaninnen und Afghanen leben als anerkannte Flüchtlinge oder vorläufig Aufgenommene schon seit längerem in der Schweiz.
Eine von ihnen ist Mariam Zafi Zazai. Sie hat Verständnis für den Exodus aus Afghanistan: «Als Exil-Afghanin habe ich viel Verständnis dafür, dass so viele Afghanen fliehen.» Terror und Entführungen seien in Afghanistan häufig. «Krieg, Elend und Probleme sind in jeder Ecke in Afghanistan», sagt sie und deshalb helfe sie als Übersetzerin in Schaffhausen ihren Landsleuten gerne, wenn diese via Deutschland in die Schweiz kommen. «Ich kann nur übersetzen. Zudem besuche ich die Leute, die jetzt in einem Bunker untergebracht sind», sagt sie.
Sie vermittelt und hilft im Aufnahmezentrum, wo sie nur kann. Wie gross die Hilfsbereitschaft in der afghanischen Diaspora insgesamt ist, mag Mariam Zafi nicht beurteilen. Sie spreche nur für sich, sagt sie.
Zurückhaltung bei den früheren Flüchtlingen
Die afghanische Diaspora ist heterogen und teils zerstritten. Seit den 1990er-Jahren sind jährlich gut 200 Flüchtlinge in die Schweiz gekommen. Einen grossen Sprung gab es 2011 und 2012. Auch nun schnellen die Zahlen stark in die Höhe. Den gut 7000 seit längerem anwesenden Afghaninnen und Afghanen stehen unterdessen rund 3200 Asylsuchende gegenüber. Viele der länger Anwesenden seien deshalb sehr zurückhaltend, sagt Paul Bucherer, der Direktor des Afghanistan-Instituts in Bubendorf. «Die Hilfsbereitschaft beschränkt sich weitgehend auf persönliche Beziehungen, also wenn jemand kommt, der zur selben Familie oder zur selben Volksgruppe gehört.»
Andere Kenner der afghanischen Diaspora bestätigen das. Es herrsche zudem eine gewisse Angst um den eigenen Status in der Schweiz. Viele der Flüchtlinge seien gut gebildet und sie stammten zum Teil auch aus Orten, wo die Terrorgefahr nicht so unmittelbar sei. Bucherer sagt, die Afghanen hier in der Schweiz schätzten die Lage in ihrer alten Heimat als nicht so schlimm ein: «Bei den meisten herrscht die Meinung vor, dass die jetzt in die Schweiz kommenden Afghanen persönlich nicht bedroht sind und dass ihre Motivation wirtschaftlicher Natur ist.»
Wer baut das Land auf, wenn alle weg sind?
Unterschiedliche Einschätzungen, so unterschiedlich wie die sehr vielgestaltige afghanische Diaspora in der Schweiz.
In einem Punkt aber sind sich Bucherer und Zafi einig. Für Afghanistan selber ist der Exodus eine Katastrophe. Denn die vielen oft gut ausgebildeten jungen Männer, die jetzt ihr Land verlassen, hätten das grösste Potential, das verwüstete Land wieder aufzubauen. Die afghanische Regierung ruft die Bevölkerung denn auch dazu auf, das Land nicht zu verlassen.