Von «Religionskrieg» war die Rede in der «Arena» beim Thema «Das heilige Land». Gemeint ist die Schweiz und ihre mehrheitlich christliche Bevölkerung und die politische Diskussion um den Islam und Islamismus.
Nur, in diesem Land will niemand einen Religionskrieg. Darüber war sich die Diskussionsrunde einig. In der Schweiz und Mitteleuropa könnten die Menschen das Leben frei gestalten, sagt Walter Wobmann: «Das im Unterschied zum Islam, der genau 180 Grad umgekehrt ist. Das ist das Problem, nicht die Schweiz.» Darum müsse man jetzt Regeln aufstellen, wie wir es haben wollten, nach unserer Verfassung.
An die Schweizer Verfassung hielten sich die meisten Menschen in diesem Land, sagte dazu Rosmarie Quadranti. «Wenn das so bleibt, kann man eine Religion haben, wie man will.»
«Absolut kein Widerspruch» für Gerhard Pfister. Aber es gebe Bedenken, wenn Leute hier lebten, «die im Namen einer Religion sagen, die schweizerischen Gesetze gelten für mich nicht.» Hier seien Staat und Gesellschaft gefordert.
Denn der Schweizer Rechtstaat sei eine Errungenschaft der christlichen Kultur. Auch die Französische Revolution [Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit] und das Zeitalter der Aufklärung [Bildung, Bürger- und Menschenrechte] seien aus dem Christentum hervorgegangen, argumentierte Pfister.
Er warf Cédric Wermuth vor, die Haltung der Aufklärung gegen die Kirche zu verwechseln mit der Haltung der Aufklärung zum Christentum: «Die grossen Aufklärer waren überhaupt nicht gegen das Christentum, aber gegen die Kirche, weil sie damals die Menschen unterdrückt hat.»
Für Cédric Wermuth ist diese Diskussion völlig absurd: Demokratie und Freiheit an christlichen Werte festzumachen, wenn in der (christlichen) Ostschweiz sich Neonazis treffen oder ein (orthodoxer) Christ wie Wladimir Putin in Syrien Aleppo bombardiert. «Dann zu sagen, die Bösen seien die Muslime, das beschwört einen Religionskrieg herauf.»
Pfister blieb dabei, dass die Säkularisierung, also der weltliche Rechtstaat, ein Produkt des Christentums sei. Er verneinte dabei nicht, dass das Christentum eine furchtbare Vergangenheit gehabt habe und in seinem Namen Entsetzliches gemacht worden sei.
Nicht-Christen als Bürger zweiter Klasse?
Gerade in dieser christlichen Prägung sieht Wermuth ein Problem. Er warf Pfister vor, «wenn man den christlichen Vorrang zu akzeptieren hat, erklären Sie immer einen Teil der Leute zu Bürgern zweiter Klasse.»
Pfister widersprach. Wenn ein Land christlich geprägt sei, heisse das mit keiner Silbe, dass das irgendeinen Vorrang bedeute, sondern gerade das Gegenteil: «Politisch will ich damit sagen, dass es eben keine Banalität ist, dass es in diesem Land Leute gibt, die im Namen der Religion den Rechtsstaat nicht respektieren. Wir haben im Land Neonazis und islamistische Fundamentalisten, die sagen, die Gesetze gelten für uns nicht.»
Man sei sich einig, dass jeder den Rechtsstaat einhalten soll, fasste Quadranti zusammen. Aber es rechtfertige doch nicht, im Namen des Rechtstaats eine politische Hetze gegen Religionen zu machen oder dass eine Religion gegen unser Land hetze.
Ansprüche der anderen Religionen
Die Vertreter andere Religionen sassen am Expertentisch. Auch für die Jüdin Nicole Poëll basiert die Schweiz auf dem Christentum. Und was diesem Land wichtig sei, sollten auch die anderen Religionen mittragen.
Die Muslime müssten sich darum mehr integrieren, so wie das die Juden seit 150 Jahren in der Schweiz gemacht hätten.
Der Muslim Farhad Afshar findet die Argumentation sehr gefährlich, wenn man die Religionsfreiheit relativiert. Es sei schwierig zu sagen, die Muslime hier gehörten zur Schweiz, aber der Islam nicht.
Religionsfreiheit habe immer zwei Bereiche: Glaubensfreiheit und Kultusfreiheit. «Wir können nicht die Religionsfreiheit spalten und nur die Glaubensfreiheit akzeptieren und die Kultusfreiheit nicht.»
In einem Rechtstaat sollten die Verfassung und Gesetze die Grundlage sein, und nicht die moralischen Vorstellungen von Politikern zur Leitkultur werden.