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SVP-Aktivisten reichen die Durchsetzungsinitiative im Dezember 2012 bei der Bundeskanzlei in Bern ein.
Legende: SVP-Aktivisten reichen die Durchsetzungsinitiative im Dezember 2012 bei der Bundeskanzlei in Bern ein. Keystone

Schweiz Braucht es höhere Hürden für Volksinitiativen?

Die Durchsetzungsinitiative ist heute Thema in der Staatspolitischen Kommission des Ständerates. Allgemein wird es für das Parlament immer schwieriger, Volksinitiativen umzusetzen. Warum ist das so? Verena Diener, grünliberale Präsidentin der Staatspolitischen Kommission gibt Auskunft.

Klausel in Steuerinitiative

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Die Klausel im Text der Steuerinitiative hätte verlangt, dass Schenkungen «rückwirkend ab 1. Januar 2012 dem Nachlass zugerechnet» werden. Dieser Termin führte schon vor der Abstimmung zu einem Ansturm auf die Notariate, da Betroffene Schenkungen noch vorher durchführen wollten.

Was der Bundesrat vorschlug

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  • Noch vor der Unterschriftensammlung soll die Verwaltung kontrollieren, ob eine Initiative mit dem Völkerrecht vereinbar ist. Das Ergebnis wäre nicht bindend, sondern Entscheidungshilfe für die Stimmberechtigten.
  • Eine Initiative soll auch dann ungültig sein, wenn sie den von der Bundesverfassung anerkannten Kerngehalt der Grundrechte verletzt.

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SRF: Steckt die Politik in einem Dilemma, wenn es um die Umsetzung heikler Initiativen geht?

Verena Diener: Ja. Wir haben in den letzten Jahren zunehmend Initiativen, die inhaltlich einen neuen Charakter aufweisen. Da denke ich einerseits an die Durchsetzungsinitiative der SVP, die sie ihrer Ausschaffungsinitiative hinterhergeschickt haben, bevor das Parlament und der Bundesrat überhaupt in der Lage waren, eine Gesetzgebung zur angenommenen Initiative zu verabschieden. Das ist neu. Und das zweite Problem ist die Frage der Verhältnismässigkeit. Da denke ich an die Steuerinitiative, die eine Rückwirkungsklausel hat. Da stellt sich in der Kommission die Frage, ob eine solch starke Rückwirkung noch verhältnismässig ist.

Braucht es höhere Hürden, bessere Prüfungen für die Initiativen?

Man muss ernsthaft prüfen, ob die Formen der Initiativen nicht präziser in der Bundesverfassung aufgelistet werden müssten. Das Initiativrecht beinhaltet nur wenige Gründe, die zur Ungültigkeitserklärung führen können. Da ist das zwingende Völkerrecht und da ist die Einheit der Form und der Materie. Und wir haben jetzt viele Bereiche, da kann man diese Kriterien nicht mehr einfach nur allgemein beiziehen, sondern wir sind gefordert, präziser zu sagen, wo Initiativen mit unseren Grundrechten in der Verfassung in einen grossen Konflikt geraten.

Die Vorschläge des Bundesrates nach mehr Vorprüfung sind ja im Parlament nicht durchgekommen. In welche Richtung wollen sie mit der Kommission weiterdenken?

Wir werden uns Gedanken machen zu Initiativen, die schon eingereicht wurden und jetzt beim Parlament hängig sind. Das Parlament hat den Auftrag in der Verfassung, auch über die Gültigkeit, Ungültigkeit oder Teilgültigkeit zu befinden. Wir schauen nun, ob wir künftig einen stärkeren Prüfungsbedarf haben. Ich kann mir vorstellen, dass die Diskussion der Staatspolitischen Kommission hier wichtige Hinweise geben wird.

Möglicherweise werden sie auch über Gerüchte diskutieren, wonach sich eine Gruppe der Bundeskanzlei mit verschiedenen Departementen Gedanken über die Volksrechte macht. Wie wollen sie sich da vernetzen?

Der Bundesrat hat die Aufgabe, weiter zu denken. Das ist richtig. Der Einsatz von Expertengruppen ist auch richtig. Wichtig ist, dass man die Gedanken vernetzt und damit zu einer umfassenden Lösung kommt.

Interview: Christine Wanner

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