Die militärischen Erfolge der Organisation Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) sind unheimlich. Für viele Jugendlichen mögen sie aber auch beeindruckend klingen. Eine Reise in die Kriegsgebiete über die Türkei ist relativ leicht. Die Folge: Die Zahl der europäischen Gotteskrieger ist innerhalb einer Jahres regelrecht explodiert. Sie stieg von 600 im letzten Jahr auf 2000. Die selbsternannten Dschihadisten verlassen ihre sicheren Elternhäuser, um sich in den «heiligen Krieg» nach Syrien zu begeben.
Frankreich, Deutschland und Grossbritannien haben das Problem erkannt. Nun sollen Präventionsprogramme die Wende bringen. Die Angst vor radikalisierten Rückkehrern sitzt ihnen im Nacken. Als Allheilmittel wird die enge Überwachung propagiert.
Nur öffentliche Observation möglich
Auch die Schweiz kennt eine öffentliche Überwachung – das «Dschihadisten-Monitoring». Eine lückenlose Observation ist allerdings mit der schweizerischen Gesetzesgrundlage nicht möglich. Deshalb beschränkt sich das Bundesamt für Polizei (Fedpol) und der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) auf die Beobachtung einschlägiger Websites und Foren. «Wir finden die Personen dann aufgrund ihrer IP-Adressen. So konnten rund 200 Personen ermittelt werden», erklärt Nachrichtendienst-Sprecher, Felix Endrich. Dann fängt die eigentliche Präventionsarbeit aber erst an.
Diese Personen werden dann in Präventivgesprächen direkt angegangen. «Den Kontakt nehmen speziell geschulte Polizisten auf», sagt Endrich weiter. Werde ein Minderjähriger im Netz beobachtet, würden zunächst die Eltern beigezogen.
Eine Ausreise nach Syrien können wir weder verhindern noch verbieten.
Ist diese Strategie erfolgreich? «Vielfach reicht es schon, dass ein Polizist vorstellig wird. Der oder die Angesprochene werden sich erst dann bewusst, in welchem Umfeld sie sich bewegt haben. Dann merken sie: Ich bin aufgefallen und ziehen sich aus den Foren zurück.»
Wie viele Personen die Polizei bereits von einer Radikalisierung abgebracht hat, wollte Endrich nicht sagen. Er spricht aber von einer höheren zweistelligen Zahl. Ob die Gespräche wirklich wirksam sind, lässt sich aber nicht überprüfen. Denn: «Eine Ausreise nach Syrien können wir weder verhindern noch verbieten.»