Dieser Tage kommen mehr Flüchtlinge in die Schweiz als zuvor: In den letzten Tagen waren es 1400, was auf den Monat hochgerechnet doppelt so viel wären wie im September. Die Zunahme der Flüchtlinge beschäftigt auch die Kantone. Hans-Jürg Käser, der Präsident der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren, spielt mit dem Gedanken, das Asyl-Notfallkonzept des Bundes hochzufahren.
Steigende Asylzahlen der letzten Tage bereiteten den Kantonen Sorge, sagte Käser gegenüber Radio SRF. Und der Druck werde eher noch steigen. Ihm zufolge leben insbesondere in Deutschland zahlreiche nicht registrierte Menschen aus Afghanistan. In diesen Fällen habe das Dublin-Abkommen «nicht funktioniert».
«Ein politischer Entscheid»
Am Freitag haben Bund und Kantone offenbar Notfallszenarien diskutiert. Käser möchte für einen Entscheid zuerst die Entwicklung der Zahlen auf dem Tisch haben. Für ihn muss man sich aber angesichts der aktuellen Situation darüber Gedanken machen, «jetzt das Notfallkonzept hochzufahren».
Das Konzept sieht unter anderem einen Sonderstab vor. So bekäme der Bundesrat mehr Entscheidungsbefugnisse und könnte zum Beispiel ein Asyl auf Zeit einführen. Entsprechende Abklärungen laufen, wie Gaby Szöllösy, Sprecherin des Staatssekretariats für Migration, in der «Tagesschau» sagt. «Der Bund ist gemeinsam mit den Kantonen jetzt daran, die Lage zu analysieren, ob es den Einsatz eines Sonderstabs Asyl benötigt.» Dies sei allerdings ein politischer Entscheid, der noch nicht gefällt sei.
Für Käser könnte mit dem Notfallkonzept das Land in seinen Führungsstrukturen «fit gemacht» werden, um grössere Zahlen von Asylsuchenden zu bewältigen. «Ich würde mir wünschen, dass man innerhalb der nächsten 14 Tage die entsprechenden Beschlüsse fasst», sagte er gegenüber Radio SRF.
Schnellere Verfahren
Der Bundesrat hatte das Notfallkonzept Asyl im Jahr 2012 für ausserordentliche Lagen im Asylwesen verabschiedet. Zu den vorgesehenen Massnahmen gehört die Notstandsklausel im Asylgesetz. Sie ermächtigt den Bundesrat, zu regeln, wer Asyl bekommt und vereinfachte Verfahrensbestimmungen zu erlassen – in Abweichung zum regulären Asylgesetz.
Erst im September hatte der Bundesrat festgehalten, die Situation sei zwar schwierig, aber die Schweiz sei von einem Krisenszenario weit entfernt. Notrecht komme daher nicht in Frage. Die Voraussetzungen dafür wären nur bei einer ausserordentlich hohen Zahl von Asylsuchenden gegeben – wenn die Strukturen dauerhaft überlastet wären und eine ordentliche Behandlung der Asylgesuche auf unabsehbare Zeit nicht mehr sichergestellt wäre.
Allerdings hatte das Staatssekretariat für Migration vor wenigen Tagen seine Prognosen für Asylgesuche korrigiert: von maximal 31'500 auf 32'000 bis 34'000 Gesuche. Grund dafür ist die Entwicklung auf der Balkanroute.