Der Bundestag in Deutschland hat sich mit grosser Mehrheit für die umstrittene Verschärfung des Asylrechts ausgesprochen.
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Das Gesetzespaket, das den sperrigen Namen «Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz» trägt, sieht mehrere zentrale Änderungen vor.
- Die Balkanstaaten Albanien, Kosovo und Montenegro sollen als «sichere Herkunftsländer» eingestuft werden, um Asylbewerber von dort schneller abweisen zu können.
- Asylbewerber in den Erstaufnahmestellen sollen statt eines Taschengeldes verstärkt Sachleistungen erhalten. Die Leistungen für abgelehnte Bewerber sollen eingeschränkt werden.
- Zum Gesetzespaket gehören aber auch mehr Integrationskurse für Asylbewerber mit guten Aussichten auf ein Bleiberecht. Wer bleiben darf, soll schneller Zugang zum Arbeitsmarkt finden.
- Der Bund verdoppelt seine Unterstzützung für Länder und Gemeinden auf zwei Milliarden Euro. Ab 2016 übernimmt er für jeden Flüchtling eine Pauschale von 670 Euro pro Monat.
Am Freitag muss nun noch die zweite Kammer des Parlaments – die Ländervertretung Bundesrat – über das Gesetz entscheiden. Die Neuregelungen sollen am 1. November in Kraft treten.
Gemeinsames Vorgehen
Vor der Abstimmung hatte Regierungschefin Angela Merkel um die Zustimmung der Abgeordneten geworben. Ziel des veränderten Gesetzes sei es, Schutzbedürftigen effizientere Hilfe zu geben, sagte Merkel. Menschen ohne Anspruch auf Asyl müssten das Land hingegen schneller verlassen.
Merkel sagte, die geplanten Änderungen seien wichtig. Zur Lösung der Flüchtlingskrise reichten sie aber nicht aus. «Dafür braucht es mehr.» Die Regierungschefin mahnte «gemeinsames Handeln aller Ebenen» in Deutschland an. Abschottung sei im 21. Jahrhundert eine Illusion, sagte Merkel – wohl auch in Richtung parteiinterner Kritiker ihrer Flüchtlingspolitik. Kriege und Krisen gelangten «immer häufiger direkt vor unsere Haustür».
Wichtig sei zudem ein gesamteuropäisches Vorgehen. «Es ist nicht übertrieben, diese Aufgabe als historische Bewährungsprobe Europas zu begreifen.» Keine Regierung könne die Flüchtlingskrise allein lösen.
Schlüsselrolle für die Türkei
Merkel sprach in ihrer Regierungserklärung von einer Schlüsselrolle für die Türkei. Ohne eine Zusammenarbeit liessen sich die Flüchtlingsströme nicht eindämmen. Dabei gehe es um Grenzsicherung und die Bekämpfung von
Schlepperbanden. «Es ist nicht hinnehmbar, dass diese schmale Meeresrinne, die zwischen der türkischen Küste und den griechischen Inseln und damit zwischen zwei Nato-Partnern liegt, im Augenblick von Schleppern beherrscht wird.»
Merkel reist am Wochenende zu Gesprächen mit Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan nach Istanbul. Sie werde bei dieser Reise auch strittige Punkte ansprechen, versprach sie. Sie verstehe, dass manche besorgt seien, ob es Europa gelinge, mit der Türkei nicht nur aktuelle Interessen in der Flüchtlingskrise zu thematisieren, sondern «immer auch unsere Werte zu behaupten». Für die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der EU gelte, dass die Gespräche ergebnisoffen geführt würden.
EU-Gipfel in Brüssel
Bereits heute reist Merkel im Anschluss an ihren Auftritt im Bundestag nach Brüssel, wo die Staats- und Regierungschefs erneut über die Flüchtlingspolitik beraten.