Das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China gibt beiden Ländern einen privilegierten Marktzugang. Doch lange nicht alle Wirtschaftsbereiche sind künftig von Zöllen befreit.
So fallen zwar sämtliche Zölle für Industrie-Importe aus China in die Schweiz weg. Gehen die Produkte hingegen den umgekehrten Weg, werden die Schweizer Exporteure in vielen Fällen weiter zur Kasse gebeten. Betroffen sind etwa die Maschinen-, die Pharma- und die Uhrenindustrie.
Immerhin wird das Zollniveau in diesen Branchen deutlich abgesenkt. Die Zölle für Uhrenexporte nach China etwa sollen deutlich sinken. Momentan reichen sie laut des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) von 10 bis über 20 Prozent.
China handelte zudem bei vielen Produkten eine Übergangsfrist für den Zollabbau aus, die sich von 5 bis auf 15 Jahre erstreckt.
Schweizer Bauern geschützt
Doch auch die Schweiz konnte in den Verhandlungen Ausnahmen von der Zollbefreiung durchsetzen, namentlich für die Landwirtschaft. Die Zölle für Agrarimporte aus China bleiben bestehen. Nur dort, wo die Schweizer Bauern kaum konkurrenziert werden, sinken die Sätze. Gleichzeitig fallen die Zölle für einen Grossteil der Schweizer Landwirtschaftsprodukte weg oder werden reduziert.
Insgesamt werden gemäss Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann die Zölle auf 93 Prozent der nach China exportierten Produkte reduziert oder fallen ganz weg.
Chinas starke Verhandlungsposition
Reto Föllmi, Professor für Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Universität St.Gallen bewertet Föllmi das Abkommen als positiv für beide Seiten. Man könne nicht sagen, dass die Schweiz schlecht verhandelt hätte - vor allem angesichts der stärkeren Verhandlungsposition der Chinesen, die sich aus den wirtschaftlichen Grössenunterschieden ergibt.
Die Schweizer Ausfuhren nach China beliefen sich 2012 auf 7,8 Milliarden Franken. Das waren 3,7 Prozent aller Schweizer Exporte. Demgegenüber machen die Exporte in die Schweiz 10,3 Milliarden Franken aus – das sind nur gerade ein halbes Prozent der gesamten Ausfuhren Chinas aus. Die Schweizer Wirtschaft hat somit deutlich mehr Interesse am Freihandel als die chinesische.
Höhere Rechtssicherheit
Positiv für Schweizer Unternehmen sind aus Sicht von Föllmi nicht nur die sinkenden Zölle. Den wichtigsten Vorteil sieht er in der höheren Rechtssicherheit. Die Schweiz und China setzen einen gemischten Ausschuss ein, der die Umsetzung des Abkommens überwacht. Zudem wird ein Schiedsgericht die Konflikte zwischen den beiden Ländern lösen. «Künftig ist ein Exporteur nicht mehr allein auf das chinesische Rechtssystem angewiesen», sagt Föllmi.
Das Abkommen sieht auch einen stärkeren Schutz des geistigen Eigentums vor. Das sei entscheidend für die Schweizer Wirtschaft, die bei Dienstleistungsexporten eine starke Stellung einnehme, so Föllmi.
Vage Bestimmungen zu Menschenrechten
Im Abkommen geht es aber nicht allein um wirtschaftliche Fragen, auch Umweltschutz, Menschenrechte und Arbeitsschutz kommen zur Sprache. Die meisten Bestimmungen in diesen Bereichen bleiben allerdings vage und wenig griffig.
So sollen sich die Vertragsparteien um einen besseren Umweltschutz bemühen und ihre Umweltschutzgesetze effektiv umsetzen. Ausserdem sollen die Arbeitsbedingungen verbessert und die Grundrechte geschützt werden.
Die Schweiz ist erst das zweite europäische Land, das mit China ein Freihandelsabkommen abschliesst. Im April hatte Island einen entsprechenden Vertrag mit Peking unterzeichnet. «Für China ist das Abkommen ein Testlauf», sagt Reto Föllmi. Ein Freihandelsabkommen zwischen der Volksrepublik und der EU ist bereits seit Längerem im Gespräch. Offizielle Verhandlungen haben aber noch nicht begonnen.