SRF News: Die Meldestelle für Geldwäscherei hat 2014 gut 1700 Meldungen erhalten – ein Viertel mehr als im Vorjahr. Haben Sie damit gerechnet?
Arnaud Beuret: Diese hohe Anzahl an Meldungen hat uns in der Tat selber auch überrascht. Zumal wir im 2014 keine besonderen Ereignisse zu vermelden hatten wie in den bisherigen Rekordjahren. Beispielsweise wurden 2011 aufgrund der politischen Ereignisse in gewissen Ländern rund um den Arabischen Frühling sehr viele Meldungen erstattet. Letztes Jahr hatten wir keine solchen Ereignisse, auch keinen sehr grossen, komplexen Fall, der mehrere Meldungen mit sich gebracht hätte. Deshalb ist es ein überraschendes Ergebnis. Es hat sicher einen Zusammenhang mit der erhöhten Sensibilisierung der Finanzinstitute. Die Zahlen deuten darauf hin, dass viele von ihnen nun eher einen Reflex haben, von ihrem sogenannten Melderecht Gebrauch zu machen.
Eine grosse Anzahl Meldungen kommt von Banken – aufgrund der erhöhten Sensibilisierung, wie Sie sagen. Wie lässt sich das erklären?
Das sind grundsätzlich erst Spekulationen. Es ist in der Tat so, dass die Anzahl Meldungen von Banken so hoch ist wie noch nie. Und es fällt auf, dass Banken ihr Melderecht vermehrt nutzen. In der Schweiz gibt es zwei Arten von Meldungen: zum Einen die sogenannte Meldepflicht. Das heisst, ein Finanzinstitut muss melden, wenn es einen begründeten Verdacht hat und sich dieser erhärtet. Wenn dieser Verdacht aber nicht erhärtet ist, dann besteht zum Anderen auch die Möglichkeit, den Fall zu melden – das ist das Melderecht. 2014 war es so, dass sich Banken vermehrt aufgrund von Verdachtsmomenten, die aber nicht erhärtet waren, dazu bewegt haben, uns diese dennoch zu melden. Wieso sie so gehandelt haben, ist schwer zu sagen. Eine Tatsache ist auch, dass wir unseren gesetzlichen Auftrag, die Finanzintermediäre anzugehen und zu sensibilisieren, in den letzten Jahren vermehrt wahrgenommen haben. Das steht allenfalls im Zusammenhang mit der hohen Anzahl an Meldungen.
Wenn eine Bank ihr Melderecht nutzt, um was für einen Fall könnte es sich hierbei handeln?
Beispielsweise kann die Bank über eine ihrer Geschäftsbeziehung in der Presse etwas lesen. Sie ist dann aufgrund der Geldwäschereigesetzgebung verpflichtet, vertiefte Abklärungen vorzunehmen. Wenn sie den Verdacht danach nicht aus der Welt räumen kann, hat sie die Möglichkeit uns das zu melden. Kann sie diesen aus der Welt räumen, darf sie die Geschäftsbeziehung weiterführen. Falls der Verdacht sich aber erhärtet, besteht also ein sogenannter begründeter Verdacht. Dann muss sie ihn melden. In diesem Moment wird die Bank die betreffende Geschäftsbeziehung auch sperren müssen. Transaktionen können nicht mehr durchgeführt werden, und wir haben eine bestimmte Frist, um unsere Analysen durchzuführen.
Das Gespräch führte Elisabeth Pestalozzi.