Auf einer Hochebene zwischen dem Flughafen Zürich und Winterthur, mitten im Feld steht Urs Knecht in Gummistiefeln in einem seiner Weizenfelder. Seine kräftige Hand fährt die durch die Weizenähren und greifen das «Ungras», den Ackerfuchsschwanz.
Eigentlich sehen sie schön aus, die schlanken Grashalme, die zwischen den Weizenähren hervorschauen. Aber nimmt das Gras überhand, wächst der Weizen nicht mehr. Einfach Gift darüber spritzen, das darf Knecht nicht mehr, seit er vor 16 Jahren vom konventionellen zum Bio-Bauern geworden ist. Das heisst für ihn: «Probieren, testen, pröbeln, immer wieder».
Erst das Unkraut, dann der Weizen
Bauern, die ohne Spritzmittel auskommen wollen, müssen erfinderisch sein. Zum Beispiel so: Knecht bestellt das Feld, ohne etwas anzusäen. Ist das Unkraut aus den Samen geschossen, die noch im Boden waren, entfernt es der Bauer mit Traktor und Striegel, erst dann sät er den Weizen. Oder er setzt auf höher wachsende Weizensorten, die dem Ackerfuchsschwanz besser Paroli bieten können.
Je nach Boden, je nach Kulturpflanze braucht es wieder andere Tricks, um das Unkraut zu überlisten. Bei der Gerste baut Knecht: 15 Zentimeter des Getreides an, dann lässt er 15 Zentimeter nackten Boden frei, dann wieder 15 Zentimeter Gerste – so kann Bauer Knecht mit einem speziellen Hackgerät, das er hinten an den Traktor spannt, den Ackerfuchsschwanz zwischen den Gerstestreifen gezielt rausschneiden, auf den Zentimeter genau. Heute ist dieses mechanische Jäten für die Bauern trotz Maschinen noch sehr aufwändig.
Die Roboter kommen
Aber bald schon könnte das einfacher werden. «Roboter werden uns bald einen Teil der Handarbeit abnehmen», ist Knecht überzeugt.
Seine konventionell arbeitenden Nachbarn beobachten genau, was er als Biobauer macht, wie viel er erntet und manchmal habe er mit seinem mechanischen Jät-Striegel seinen Nachbarn auch schon helfen können, ohne Spritzen auszukommen. Denn Landwirtschaft zu betreiben ohne Pflanzenschutzmittel – das heisst im Durchschnitt eine nur halb so grosse Ernte wie mit Spritzmitteln. Knechts Anschauungsbeispiel dazu sind die Bohnen neben dem Kuhstall.
Die Pflänzchen sind sehr kümmerlich gewachsen. Und es war zu nass, um mit dem Traktor ins Feld zu fahren zum Jäten. Ein konventioneller Bauer hätte hier einfach gespritzt. Für Biobauer Knecht heisst das: noch mal neu ansähen und hoffen, dass es im zweiten Anlauf klappt.
Dreifacher Preis für den Raps
Glück hat er mit dem Raps gleich gegenüber. Je nach Witterung und je nach Schädlingsbefall gibt es beim Raps manchmal gar keine Ernte. Dieses Jahr aber waren die Bedingungen sehr gut. Die Pflanzen sind fast so hoch gewachsen wie der Bauer. «Praktisch unkrautfrei!», freut er sich, «wie auf einem konventionellen Feld».
Der Unterschied aber, der liegt im Preis, denn Knecht bekommt für seinen Bioraps fast dreimal so viel wie ein konventioneller Bauer.
Unter dem Strich fährt Biobauer Knecht somit finanziell besser, trotz der durchschnittlich nur halb so grossen Ernte. Kein Wunder verleiten diese guten Preise immer mehr Ackerbauern dazu, auf die biologische Landwirtschaft umzustellen. Knecht befürchtet, mit dem Mehrangebot würden die Preise wieder sinken. Und, hätten wir dann genug zu essen?
Die Welt «bio» ernähren
«Ja, wir könnten locker 10 Milliarden Menschen biologisch ernähren», meint Biobauer Knecht, «aber wir müssen unsere Ernährung umstellen». Sprich: Weniger Fleisch essen, dafür mehr Getreide und Gemüse, denn um Fleisch zu produzieren, muss sehr viel Getreide verfüttert werden – und dabei gehen viele Kalorien verloren. Aber Bauer Knecht hat keine Zeit mehr für Grundsatzdiskussionen. Das Wetter ist jetzt günstig – zum Jäten.