US-Firmen dominieren die Computer- und Internet-Welt sowohl bei der Hard- wie auch bei der Software. Und auf Geheiss der amerikanischen Politik bauen sie Hintertüren in ihre Produkte ein: So können NSA und andere Geheimdienste Daten anzapfen.
Auch andere Länder tun das, etwa China oder Russland. Die Vorherrschaft im Cyberspace liegt aber bei den USA: Amerika sei «der Hegemon», sagt Pascal Lamia, Leiter der Melde- und Analysestelle des Bundes, Melani. «Ein Macht ausübendes Land, das seine Vorherrschaft demonstrieren will.» Die USA verfügten über die Möglichkeiten zur Ausspähung – und nützten diese auch aus.
Es besteht die Gefahr von Willkür
Im aktuellen Halbjahresbericht spricht das Analysezentrum Melani Klartext. Der Rest der Welt ist den US-Diensten mehr oder weniger ausgeliefert, die Gefahr von Willkür gross. In Genf, auf dem Dach ihres Konsulates, sollen die USA eine Abhörstation betreiben. Pascal Lamia überraschen diese unbestätigten Berichte nicht. Er geht davon aus, dass Washington auch andernorts Abhörstationen eingerichtet hat.
Was tun? Die Schweiz müsse sich auf dem internationalen Parkett, etwa in der UNO, dafür einsetzen, dass die USA in die Schranken gewiesen werden. «Dort hat man viel mehr Macht als die kleine Schweiz allein.» Tatsächlich habe die Schweiz in dieser Sache bereits Kontakt zu anderen Staaten aufgenommen, sagt Lamia.
IT-Produkte aus den USA möglichst meiden
Hanspeter Thür, der eidgenössische Datenschutz-Beauftragte, regt zusätzlich an, dass die Schweiz amerikanische IT-Produkte möglichst meiden solle. Es stelle sich die Frage, ob nicht weltweit alternative Strukturen aufgebaut werden müssten, meint Thür. Doch: «Vielleicht hat man den Zeitpunkt schon etwas verpasst.»
Cyber-Spezialist Lamia glaubt tatsächlich, der Zug sei bereits abgefahren. Um US-Produkte komme man einfach nicht herum. Immerhin gebe es technische Möglichkeiten, um auch bei US-Produkten die Sicherheit zu erhöhen. Er nennt etwa den Einsatz sogenannter Layer, welche die Kommunikation zwischen den beiden Enden chiffriere.
Bundespräsident Ueli Maurer hatte übers Wochenende vorgeschlagen, dass Internet-Firmen bestraft werden sollten, wenn sie es zulassen, dass Geheimdienste Daten anzapfen. Cyber-Experte Lamia verspricht sich wenig von einem solchen neuen Gesetz. Der Überprüfungsaufwand für die betreffenden Firmen wäre enorm – und ausserdem nur eine Momentaufnahme.
Hoffen auf europäische Datenschutz-Gesetze
Datenschützer Thür teilt die Zweifel. Trotzdem verlangt er neue Gesetze: Software und Geräte müssten ab Fabrik so eingestellt sein, dass der bestmögliche Datenschutz gewährt sei, sagt er. Heute sei es genau umgekehrt. Bereits diskutiert auch das Europäische Parlament über neue Datenschutz-Gesetze. Thür hofft, die beinahe täglichen Enthüllungen über die Machenschaften der USA könnten auch in der Schweiz etwas in Bewegung bringen.