Alt Bundesrat Hans-Rudolf Merz hat einst gesagt: «Jeder Schweizer sollte sich an ein Minimum von Pflichten halten. Die wichtigste Aufgabe ist es, zur Erhaltung unseres Wohlstands beizutragen.»
Kurz vor dem Nationalfeiertag hat die Sendung «Club» Politikern Fragen zur Schweiz und zum Thema «Schweizersein» gestellt.
Die Fragen beantworten Markus Ritter und Yvonne Brändle-Amolo. Markus Ritter ist Präsident des Schweizer Bauernverbandes und CVP-Nationalrat des Kantons St. Gallen. Yvonne Brändle-Amolo ist Schweizerin mit kenianischen Wurzeln, SP-Nationalratskandidatin, Künstlerin und Jodlerin. Sie wird in diesem Jahr auch eine 1.-August-Rede halten.
SRF: Was ist für Sie ein «guter Schweizer»?
Yvonne Brändle Amolo: Ein guter Schweizer ist mitfühlend, solidarisch, offen und neugierig. Er freut sich über die Multikulturalität und die sozialen Errungenschaften unseres Landes.
Markus Ritter: Das ist jemand, der sein Land liebt, sowie seine Rechte und Pflichten wahrnimmt. Es ist aber auch jemand, der bereit ist, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten für unsere Gemeinschaft zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen. Dazu bietet sich in vielen Vereinen und Organisationen Gelegenheit.
In welchen Situationen ist es Ihnen wichtig, ein Schweizer zu sein?
Yvonne Brändle-Amolo: Bei Wahlen und Abstimmungen. Dank meines Schweizer Passes kann ich ohne Einschränkungen mitmachen und mitbestimmen.
Markus Ritter: Die Schweiz ist meine Heimat und gibt mir starke Wurzeln sowie Identität. Dies gibt mir und meiner Familie auch ein Gefühl von Sicherheit und stärkt das Vertrauen in die Zukunft. Die Ausbildungschancen für unsere Kinder, aber auch die beruflichen Möglichkeiten sind in der Schweiz hervorragend. Wir dürfen uns über eine starke Gesundheits- und Altersvorsorge freuen. Wir leben in einem wunderbaren und einzigartigen Land.
Haben Sie sich auch schon einmal geschämt, Schweizer zu sein?
Yvonne Brändle-Amolo: Als herauskam, dass unsere Grossbanken, die ja die Swissness marketingmässig einsetzen, systematisch kriminell handelten.
Markus Ritter: Nein, ich habe mich noch nie geschämt, Schweizer zu sein. Es gibt manchmal Entscheide, die ich vielleicht etwas anders gefällt hätte. In einer Demokratie entscheidet aber die Mehrheit. Die Minderheit akzeptiert dies und wir suchen gemeinsam nach Lösungen für die nächsten Fragen. Mit unserem Staatsaufbau und mit der direkten Demokratie kann das Volk immer wieder Einfluss nehmen und korrigierend eingreifen.
Sie haben beide ausländische Wurzeln: Beeinflusst das Ihr «Schweizersein»?
Yvonne Brändle-Amolo: Dadurch dass ich zwei Kulturen sehr gut kenne, habe ich den Vorteil, vergleichen zu können. Je nach Situation kann ich entscheiden, welche Kultur die bessere Lösung anbietet.
Markus Ritter (Grosseltern stammen aus Italien): Die Geschichten meiner Grosseltern zeigen mir, dass Integration für Menschen, die aus einem anderen Land mit einer anderen Sprache kommen, wohl notwendig aber nicht immer einfach ist.
Jede Kultur hat interessante und spannende Ausprägungen, auf die die Menschen stolz sind. Kommen verschiedene Kulturen zusammen, können die vorhandenen Qualitäten als Chance oder die Unterschiede als Bedrohung wahrgenommen werden. Wie selbstverständlich sind für uns am Beispiel der Italiener doch Pizza, Spaghetti oder Salami geworden!