Rund fünf Milliarden Franken Umsatz haben die Schweizer Pharmaproduzenten letztes Jahr erzielt. Das ist mehr als erwartet. Trotzdem ist die Branche enttäuscht: «Wenn wir dieses Jahr betrachten dann liegen wir bei zwei Prozent. Das ist im langjährigen Vergleich ein geringes Wachstum. Und wenn wir in die Zukunft schauen, dann sieht es noch düsterer aus», sagt Thomas Binder in der «Tagesschau». Er ist Geschäftsführer der Vereinigung der Schweizer Pharmafirmen.
Streit um Wechselkurs
Für den Verband gibt es zwei Gründe für den Wachstumsrückgang: Zum einen verlieren zahlreiche Medikamente den Patentschutz. Sie werden durch billigere Generika ersetzt.
Zum anderen müssen die Pharma-Unternehmen auf Druck des Bundesrats die Verkaufspreise jenen des Auslands anpassen. Lange wurde mit einem Euro-Wechselkurs von 1.58 Franken gerechnet. Neu auf Druck von Bundesrat Alain Berset: 1.29 Franken. Die Preissenkung setzte er letztes Jahr durch. Berset verspricht sich davon Einsparungen von 240 Millionen Franken.
Rekurse beim Bundesverwaltungsgericht
Das heisst: Seit dem 1. November wären knapp ein Drittel aller kassenpflichtigen Medikamente deutlich günstiger. Wären – denn die Pharmafirmen haben beim Bundesverwaltungsgericht Rekurs eingelegt. Und Recht bekommen. Roche und Novartis dürfen für einzelne Medikamente also weiterhin einen deutlich höheren Preis verlangen.
Mehr noch: Die Pharmabranche verlangt, dass zusätzlich zum Auslandpreisvergleich der therapeutische Nutzen berücksichtigt wird.
Ein Ärgernis, findet Preisüberwacher Meierhans: «Die Massnahmen des Bundesrates müssen nun endlich greifen.» Mit einem Euro-Kurs von 1,29 Franken sei man den Pharmafirmen sowieso immer noch genug entgegen gekommen.
Auch vom «therapeutischen Quervergleich» hält Meierhans wenig. Dies sei zwar eine spannende, aber auch schwierige Herausforderung. «Bei sehr starken Zahnschmerzen sind Patienten bereit, jeden Preis zu zahlen, um den Schmerz zu lindern», veranschaulicht der Preisüberwacher. So gesehen sei der Nutzen bei jedem Medikament immens. Für Meierhans ist klar: Damit will die Branche lediglich höhere Preise festlegen. «Es ist zentral, dass der Auslandpreisvergleich nicht ausgehebelt wird.»
Industriepolitik für die Pharma-Branche
Meierhans ist nicht grundsätzlich gegen den therapeutischen Quervergleich. Das Gesetz fordere jedoch Kostengünstigkeit. «Wenn dieser zu tieferen Referenzpreisen als der Auslandpreisvergleich führt, dann hat er aus Sicht der Konsumenten seine Berechtigung.»
Der Bundesrat hat, um Bewegung in den Medikamentenmarkt zu bringen, zu Verhandlungen geladen. Seit vergangenem Sommer wird verhandelt. Auslöser dafür waren politische Vorstösse aus der Pharma-Industrie.
Meierhans ärgert sich. «Das sind Vorstösse der Industriepolitik zu Gunsten der Pharma-Branche. Mehr Geld für die Pharma-Unternehmen, damit sie in der Schweiz bleiben», kritisiert Meierhans. Das sei der falsche Weg.
Argumente auf dem Tisch
Ein guter Kompromiss – der die Interessen der Industrie und der Konsumenten berücksichtigt – sei die Weiterführung des Auslandvergleichs zu einem fairen Wechselkurs. «Bei den Generika müsste zudem das sogenannte Festbetrag-System eingeführt werden.» Bei diesem System wird der Medikamentenpreis anhand der aktiven Substanz bestimmt.
Die Argumente hat der Preisüberwacher bereits auf den Tisch gelegt. Meierhans ist überzeugt: Die Argumente werden bei Bundesrat Alain Berset Anklang finden, insbesondere nach der Präsentation der neuen Strategie «Gesundheit2020». Gemäss dieser Strategie will der Bundesrat zur Kostensenkung die Medikamentenpreise ins Visier nehmen.