Reformen im Gesundheitswesen sind schwierig. Vor allem wenn die Leistungen exzellent sind und das Volk Angst vor Qualitätseinbussen hat. Dies sagte Bundesrat Alain Berset heute bei der Präsentation des Berichts «Gesundheit2020». Eine Gesamtstrategie mit politischer Unterstützung in allen Bereichen sei jetzt nötig.
In seiner Gesamtschau wies Berset darauf hin, dass die Zahl der chronisch kranken Menschen in den kommenden Jahren allein als Folge der demografischen Entwicklung weiter steigen werde. Einen Kostenschub erwartet der Gesundheitsminister auch durch den Umstand, dass künftig Menschen vermehrt nicht mehr im Spital, sondern ambulant versorgt werden wollten.
In Zukunft müssen Vorbeugung, überalterungsbedingte Langzeitpflege und die Pflege im letzten Lebensabschnitt mehr Gewicht erhalten. Von einer integrierten Versorgung - der besseren Abstimmung von der Vorbeugung bis zu Palliative Care - erhofft sich die Regierung tiefere Kosten.
Kassensystem vereinfachen?
Berset wies darauf hin, dass die Kantone und der Bund jährlich über vier Milliarden Franken für die Prämienverbilligung ausgeben. Damit werde die ungleiche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit heute bereits ausgeglichen. Möglicherweise gebe es aber bessere Lösungen.
Einbetten liessen sich solche Anpassungen laut Berset durch eine generelle Vereinfachung des Systems. Das Bundesamt für Gesundheit genehmige jährlich weit über 200'000 Einzelprämien. Aus Bersets Sicht zeigt sich darin, wie kompliziert das System ist.
Mehr Effizienz in vielen Bereichen
Von den 36 Massnahmen, die der Bericht aufzählt, sind die meisten bekannt . Zu den vordringlichen gehört nun laut Berset die Stärkung der Hausarztmedizin. Vermehrte Pauschalpreise für Gesundheitsleistungen und der gezielterer gesteuerten Ausbildung von Ärzten und anderen Gesundheitsfachleuten sollen weitere Fortschritte bringen.
Der Bericht geht davon aus, dass allein durch Effizienzgewinne 20 Prozent der Kosten entfallen werden. Und zwar ohne Qualitätseinbussen. Ein probates Mittel seien etwa die elektronischen Patientendossiers.
Sollen Reiche mehr bezahlen?
Der Bundesrat schlägt zugleich vor, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei Erwachsenen verstärkst zu berücksichtigen: Konkret: Reiche sollen einen grösseren Anteil ihrer Gesundheitskosten selber übernehmen. Kinder könnten dagegen befreit werden.
Wie er das genau machen will, liess Berset vorerst offen. Es sei allerdings nicht vorgesehen, die Prämienhöhe mit dem Einkommen zu verbinden. Prüfen will der SP-Bundesrat eine allfällige Anpassung des Franchise-Systems. Denn eine hohe Franchise und damit tiefere Prämien könnten sich ärmere Familien wegen des finanziellen Risikos nicht leisten.