Mehrere hundert Menschen, darunter viele Tibeter, haben am frühen Dienstagnachmittag den Dalai Lama vor dem Parlamentsgebäude in Bern begrüsst. Zum Treffen mit Nationalratspräsidentin Maya Graf betrat das 78jährige geistige Oberhaupt der tibetischen Buddhisten erstmals das Parlamentsgebäude. Es gab einen Fototermin vor den Drei Eidgenossen.
Die Parlamentarische Gruppe Tibet und die Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft (GSTF) würdigten den Empfang als wichtiges Zeichen der Solidarität für die tibetische Bevölkerung in Tibet und der Schweiz.
Dalai Lama sieht wachsende Unterstützung
Nach dem Empfang im Parlamentsgebäude nahm der Dalai Lama an einer Medienkonferenz der parlamentarischen Gruppe Tibet teil. Seine Heiligkeit zeigte sich glücklich über den erneuten Aufenthalt in der Schweiz und sprach von «wachsender aktiver Unterstützung». Die 5000 in der Schweiz lebenden Tibeter seien sehr glücklich, gut integriert und hätten vor allem ein gutes Verhältnis zu den Einheimischen.
Angesprochen auf das andauernde Leiden des tibetischen Volkes bekräftigte der Dalai Lama die Gewaltlosigkeit als einzig möglichen Weg. Gewalt führe unweigerlich in die Katastrophe.
Parlamentarier appellieren an Bundesrat
Mehrere Mitglieder beider Räte aus allen Fraktionen äusserten sich zur Lage in Tibet und der Rolle der Schweiz in der Tibet-Problematik. FDP-Nationalrätin Doris Fiala betonte an die Adresse der Landesregierung, dass konkrete Stellungnahmen gerade für das tibetische Volk sehr wichtig seien. Es genüge nicht, nur allgemeine Besorgnis über die Einschränkung kultureller und religiöser Freiheiten zu äussern, stellte Fiala zum Auftritt von Aussenminister Didier Burkhalter an der UNO-Menschenrechtsratskonferenz vom Herbst 2012 in Genf fest.
Ein Empfang durch den Bundesrat hatte die Landesregierung diesmal abgelehnt. Neben den fehlenden diplomatischen Beziehungen mit der tibetischen Exilregierung machten die Behörden bereits im Februar geltend, keine offizielle Anfrage von tibetischer Seite erhalten zu haben. Aussenminister Burkhalter hatte den Entscheid gegenüber der parlamentarischen Gruppe Tibet näher begründet: Der Bundesrat wolle keine Kontroverse anheizen und die recht häufigen Besuche des Dalai Lama unnötig politisieren.
Der Dalai Lama ist seit 1991 viermal von Bundesratsmitgliedern empfangen worden, allerdings noch nie im Bundeshaus. Das letzte Treffen fand vor acht Jahren statt. Es sei Zeit, den Dalai Lama zu empfangen, forderte die GSTF in einer Petition, die am Montag der Bundeskanzlei übergeben wurde.
Grossandrang zu Ethik-Vortrag in Freiburg
Der Dalai Lama hält sich seit Freitag in der Schweiz auf. Am Wochenende referierte der Friedensnobelträger in Freiburg zum Thema religionsübergreifende Ethik und nahm buddhistische Riten vor. Rund 16'000 Menschen nahmen am ausverkauften Anlass teil. Mit einem Besuch im Zürcher Tibet-Institut schliesst er am Mittwoch den Besuch in der Schweiz ab.