Das Schreckgespenst Rezession geht um. Von einer «sehr schwierigen Situation» würden ihm Wirtschaftsvertreter neuerdings berichten, stellt Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann fest, Er hat sich heute Morgen mit Unternehmens- und Verbandsvertretern an einem weiteren Runden Tisch zur Frankenstärke getroffen.
Zurzeit seien die Auftragsbücher zwar noch einigermassen gut gefüllt, allerdings mit Aufträgen aus der Zeit vor der Aufgabe des Euro-Mindestkurses durch die Nationalbank am 15. Januar. Jetzt seien die Auftragsbücher bezüglich Qualität und Volumen unter Druck gekommen: «Sollte sich die Lage nicht ändern, werden Firmen die eine oder andere Strukturanpassung machen müssen.»
Immer mehr Unternehmen sind gezwungen, personelle Massnahmen oder gar Verlagerungen ins Ausland zu prüfen.
Mit Bericht vom Runden Tisch an die WAK
Er sei sich der Ernsthaftigkeit der Lage äusserst bewusst, betont der Wirtschaftsminister und bereitet Massnahmen vor. Mit einem Bericht vom Runden Tisch will er als nächstes an die Wirtschafts- und Abgabekommission des Nationalrats gelangen: Er werde der Kommission den Druck und die Dramatik weitergeben, die er jetzt aus dem Markt erfahre.
Ich will dort den Druck und auch die Dramatik weitergeben, die ich heute Morgen aus dem Markt erfahren habe.
Verlängerung der Kurzarbeit im Herbst?
Über die Sommermonate werde man dann Prioritäten festlegen und sich in der Herbstsession an die Umsetzung machen, kündigt Schneider-Ammann weiter an. Eine denkbare Massnahme sei die Verlängerung der Kurzarbeit von heute zwölf auf 18 Monate. Zurzeit sei das noch nicht nötig, denn nur wenige Firmen würden Kurzarbeit beanspruchen, und dann auch nur bis zu drei Monaten.
Das Bedürfnis könnte aber grösser werden, sagte Schneider-Ammann: «Dann wird es im dritten Quartal so weit sein, dass man die Entscheidung treffen muss, ob man verlängern will. Ich habe es in Aussicht gestellt, wenn sich die Lage nicht entschärft.»
Antrag für weitere Fördermillionen möglich
Auch zusätzliche Mittel für die KTI, die Förderagentur des Bundes, sind für den Wirtschaftsminister eine Option. Dieses Jahr habe man 160 Millionen Franken zur Verfügung, im nächsten Jahr gar 195 Millionen.
«Ich habe heute Morgen keinen Hehl daraus gemacht: Sollte es so sein, dass wir vor allem über die Innovation einen Ausweg finden, bin ich gerne bereit, im Herbst mit einem Zusatzvorschlag noch einmal in den Bundesrat zu gehen.»
Und die Vorwürfe aus der Maschinenindustrie?
Untätig sei er also keineswegs, sagt der Wirtschaftsminister nicht zuletzt an die Adresse des Präsidenten des Verbandes der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie Swissmem, Hans Hess.
Hess hatte Schneider-Ammann letzte Woche in der «Handelszeitung» vorgeworfen, die Maschinenindustrie vergessen zu haben. Er habe sich seit dem Interview zwei Mal mit Hess getroffen, sagt Schneider-Ammann jetzt. Hess sei für ihn nicht nur ein guter Freund, sondern auch ein guter Unterstützer, wenn er Druck auf ihn und damit auf Bundesbern mache.
Das Problem ist eigentlich nicht der starke Franken, sondern der schwache Euro.
Er weist zugleich auf die begrenzten Möglichkeiten des Bundesrates hin. Denn das Problem sei eigentlich nicht der starke Franken, sondern der schwache Euro. Hier müsse in der europäischen Umgebung in den nächsten Monaten etwas geschehen. Damit würde nach seinen Worten automatische die Balance Euro/Franken wieder etwas ausgeglichener: «Sobald das käme, ohne dass die Nationalbank eingreifen muss, wäre die Perspektive unmittelbar wieder eine andere.»
Der Blick von Bundesrat Schneider-Ammann richtet sich also nicht nur mit Sorge auf die Wirtschaft im Inland, sondern auch auf die Lage im europäischen Ausland.