Ein Atomunfall hätte auch in der Schweiz weitreichende Folgen: Bei schlechtem Wetter könnten selbst in Regionen, die weiter als 20 Kilometer von einem Atomkraftwerk entfernt liegen (Zone 3), Notfallschutzmassnahmen erforderlich werden. Das schreibt die Arbeitsgruppe in ihrem Bericht, den das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) auf seiner Webseite veröffentlicht hat.
Als mögliche Notfallmassnahmen werden die Alarmierung sowie die Einnahme von Jodtabletten genannt. Diese erhalten neu auch Haushalte, die zwischen 20 und 50 Kilometer liegen von einem AKW entfernt liegen. Den AKW-Betreibern passt diese Regelung nicht. Sie wollen dagegen beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde einreichen.
In einer späteren Phase könne auch eine Evakuierung der Bevölkerung notwendig sein, schreibt die Arbeitsgruppe, in der unter anderem Bund und Kantone vertreten waren.
Gezielte Alarmierung gefordert
Aus Sicht des Ensi sollten deshalb auch für die Zone 3 angemessene Vorkehrungen erarbeitet werden, wie es im Bericht heisst. So solle es unter anderem möglich sein, mit Sirenen in der ganzen Schweiz einzelne Gemeinden oder Gebiete gezielt zu alarmieren.
Eine solche Einzel- oder gruppenweise Fernauslösung von Sirenen werde mit dem Projekt «Polyalert» des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (Babs) bereits verfolgt. In einigen Kantonen sei dies bereits umgesetzt, in den übrigen Kantonen folgt die Umrüstung in den kommenden Jahren, heisst es im Bericht.
Zudem will das Ensi auch das Zonenkonzept überprüfen. Derzeit laufe die Vernehmlassung des entsprechenden Arbeitsgruppenberichts, teilte das Ensi mit.
Gravierendere Szenarien berücksichtigt
Bereits überarbeitet wurden die sogenannten Referenzszenarien, von denen es bisher drei gab (A1, A2 und A3). Obwohl das Szenario A3 bereits einem schweren, seltenen Unfall entspricht, hat das Ensi nun drei zusätzliche Szenarien definiert, die weit über die bisher betrachteten Austritte von Radioaktivität hinausgehen und auch jene der Unfälle in Fukushima und Tschernobyl abdecken.
Dabei sei es insbesondere darum gegangen, Szenarien mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit eines Eintritts und grossen Auswirkungen zu analysieren, heisst es im Bericht der Arbeitsgruppe. Der Einbezug von Szenarien mit schwerwiegenderen Auswirkungen sei sinnvoll für die Planung von Notfallschutzmassnahmen.
Die Arbeitsgruppe kam jedoch zum Schluss, dass sich auch bei schweren Szenarien die möglichen Massnahmen kaum unterscheiden – abgesehen von der räumlichen Ausdehnung.
Mit dem Bericht kommt das Ensi einem Auftrag des Bundesrates nach. Dieser hatte nach Fukushima die Atomaufsichtsbehörde beauftragt, zusammen mit den Notfallschutzpartnern die Referenzszenarien und deren Annahmen für den Notfallschutz in der Umgebung der Atomkraftwerke zu überprüfen.