Die Zuwanderungsinitiative soll mit einem «Inländervorrang light» umgesetzt werden. Keine Höchstzahlen bei der Zuwanderung, keine Kontingente – so will es die Staatspolitische Kommission des Nationalrates. Damit sei das Modell klar EU-kompatibel, sagt Christa Tobler, Professorin am Europainstitut der Universität Basel.
SRF: Was bedeutet das Modell für das Freizügigkeitsabkommen?
Tobler: Es ist offensichtlich ein Bemühen um die Suche nach einer Lösung, die das Freizügigkeitsabkommen nicht tangiert, sondern respektiert. Hier hat man nun den Schwerpunkt gelegt.
Würde das gelingen, könnte die EU mit einem solchen Modell leben?
Nach meiner Einschätzung ja, sie könnte ohne weiteres damit leben. Denn das Modell sieht keine Diskriminierung vor. Es ist ein kompatibles Modell.
Dann bräuchte es also gar keine Anpassungen in den Verträgen zwischen der Schweiz und der EU?
Genau. Es braucht keine Anpassungen und es braucht in diesem Sinne auch keine Gespräche und keine Einigung mit der EU, weil man das Abkommen respektiert.
Jetzt ist der Bundesrat aber gerade in Gesprächen mit der EU. Kann dieser «Inländervorrang light» da nicht kontraproduktiv sein für den Bundesrat? Wird seine Position in den Gesprächen nicht geschwächt?
Ich nehme an, das hängt davon ab, was der Bundesrat in den Gesprächen mit der EU erreichen will. Wir wissen nicht genau, ob es dort um eine andere Art von Mechanismus geht. Je nachdem würde das querstehen oder nicht.
Die Masseneinwanderungsinitiative spricht ja eigentlich von Höchstzahlen und Kontingenten. Bei dem Modell der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates ist keine Rede davon. Sind Höchstzahlen und Kontingente wirklich nicht vereinbar mit der EU?
Ja, da bin ich ganz überzeugt davon. Höchstzahlen und Kontingente stellen eine direkte und sehr offensichtliche Verletzung des Freizügigkeitsabkommens dar.
Das Interview führte Elmar Plozza.