Die Waadtländer Regierung zeigt sich erschüttert über die Entführung und den Tod der 19jährigen Frau durch einen Mann, der bereits wegen eines ähnlichen Delikts verurteilt war. Die Abläufe in der Justiz werden deshalb genauestens unter die Lupe genommen, sagte die Waadtländer Regierungsrätin Béatrice Métraux.
Die Untersuchung soll von einem externen Experten vorgenommen werden. Aus heutiger Sicht und gemäss den bekannten Fakten erscheine die Entscheidung «unangemessen». Richter seien aber nicht unfehlbar, räumte Jean-François Meylan, Präsident des Kantonsgerichts, an einer Medienkonferenz ein.
«Kantone haben viele Freiheiten»
Auch Sicherheitsvorsteherin Jacqueline de Quattro will wissen, wie es dazu kommen konnte, dass sich ein verurteilter Sexualstraftäter frei bewegen konnte. Man werde alles unternehmen, damit sich ein solches Drama nicht wiederhole.
Warum sich der Mann auf freiem Fuss befand, kann auch Daniel Jositsch, Strafrechtsprofessor an der Uni Zürich, nicht beantworten. Die Kantone hätten beim Vollzug einer Strafe sehr viele Freiheiten, sagt er zur «Tagesschau». Zudem komme es auf die konkrete Beurteilung des Täters an.
Nachträgliche Verwahrung wäre möglich gewesen
«Was wir sicher sagen können, ist, dass da ein Fehler passiert ist», sagt der SP-Nationalrat. «Dass eine Person, die so grausame Delikte verübt hat, dies wieder tun kann, obwohl sie im Vollzug ist – da ist etwas schief gelaufen.»
Dass der Täter nicht verwahrt wurde, kann Jositsch nachvollziehen: «Im Nachhinein ist es einfach zu sagen, dass der Täter hätte verwahrt werden sollen. Doch es handelte sich damals um einen sehr jungen Täter und um ein Erstdelikt – hier sind die Gerichte sehr zurückhaltend.»
Allerdings hätte es die Möglichkeit gegeben, den Täter nachträglich zu verwahren, wenn sich herausgestellt hätte, dass er tatsächlich gefährlicher ist, als man angenommen hatte», fügt der Strafrechtsprofessor an.
Der Mann hatte 1998 seine damalige Ex-Freundin entführt, vergewaltigt und getötet. Er befand sich seit August 2012 im Hausarrest.
Elektronische Fussfessel abgelegt
Die Bewährungshilfe hatte beantragt, den Hausarrest abzubrechen. Dagegen legte der Betroffene Rekurs ein und erhielt aufschiebende Wirkung. Der 36jährige Schweizer musste eine elektronische Fussfessel tragen, die er sich jedoch während der Entführung ablegte.