Mit seiner Abzocker-Initiative hat der parteilose Thomas Minder den Nerv des Schweizer Stimmvolkes getroffen. Fast im Alleingang und mit höchstens halbherziger Unterstützung der Parteien brachte der Schaffhauser das Wirtschaftsestablishment zum Zittern.
Aktionäre segnen weiter hohe Gehälter ab
Seit 2014 ist die Gesetzesvorlage, welche aus der Initiative hervorging, in Kraft. Mit ernüchterndem Resultat. Nachdem mehrere Grosskonzerne ihre Generalversammlungen abgehalten haben, wird klar: Von tieferen Managerlöhnen wollen die Aktionäre weiterhin nichts wissen.
Zwar konnten die Aktionäre noch keine bindenden Entscheide zu den Löhnen der Verwaltungsräte und Führungspositionen fällen. Erst ab dem nächsten Jahr gehört dies zu ihrem Pflichtenheft.
Initiant Minder sieht zu viele Schlupflöcher
Das bringt Initiative-Vater Minder auf die Palme. Die Umsetzung dauere zu lange. Die Verordnung des Bundesrates sei mangelhaft. «Es stört mich ganz gewaltig, dass die Verordnung so viele Hintertüren offen lässt», sagt der Ständerat gegenüber der «Tagesschau».
«Das Volk begreift nicht, dass sie diese Initiative vor 15 Monaten mit einem hohen Ja-Anteil gutgeheissen hat. Und jetzt lassen die Unternehmen ihre Aktionäre nicht einmal über die Vergütungen der Kader abstimmen.»
Das Justizdepartement antwortet auf diese Kritik schriftlich, die Verordnung sei «zwei Monate früher als gefordert umgesetzt» worden. Der Bundesrat habe dabei den Geist der Initiative «sehr wohl berücksichtigt».
Die Grossaktionäre sind in erster Linie an hohen Gewinnen interessiert und weniger an tiefen Managerlöhnen
An den hohen Managerlöhnen und –boni werde sich auch in naher Zukunft nichts ändern. Davon überzeugt ist Wirtschaftsprofessor Peter V. Kunz von der Universität Bern. Die Minder-Initiative habe in erster Linie dazu geführt, dass die Aktionäre entscheiden.
«Bei vielen Publikumsgesellschaften in der Schweiz sind es ausländische Aktionäre, die dominieren. Diese Grossaktionäre sind in erster Linie an hohen Gewinnen interessiert und weniger an tiefen Managerlöhnen», so Kunz. Daran werde sich auch nichts ändern, wenn die Initiative vollständig umgesetzt sei.