SRF: Seit 1961 versucht die Schweiz als sogenannte Schutzmacht Kontakte zwischen Kuba und den USA aufrecht zu erhalten. Jetzt wollen die beiden Länder wieder bilaterale Beziehungen aufnehmen. Was heisst das für die Schweiz?
Yves Rossier: Wenn die beiden Länder ihre formellen Beziehungen wieder aufnehmen, ist unsere Rolle zu Ende. Darüber sind wir aber sehr froh, denn wenn sich die Beziehungen normalisieren, ist das nicht nur ein Plus für die beiden Länder, sondern auch für die ganze Region.
Spielte die Schweiz am Schluss eine gar nicht mehr so wichtige Rolle?
Auf politischer Ebene überhaupt nicht mehr. Das hatte sich schon 1977 geändert. Wir schritten noch im Konsularbereich ein, weil die beiden Länder keine gegenseitigen formellen Vertretungen mehr hatten. Das lässt sich überhaupt nicht vergleichen etwa mit unserer Rolle zwischen Iran und den Vereinigten Staaten, die kaum direkte Kontakte haben. Dort sind wir viel, viel aktiver.
Will die Schweiz in Zukunft noch eine stärkere Rolle im Bereich gute Dienste und Schutzmachtmandate spielen?
Ja, selbstverständlich. Das ist auch unser Auftrag: Friedenspolitik, das Engagement für diese Politik, für die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht. Es gibt zig Beispiele solcher Dienste, die die Schweiz geleistet hat. Manchmal sind wir aktiv zwischen Staaten, zwischen Gruppen und Staaten und manchmal zwischen bewaffneten Gruppen. Von gewissen Aktionen reden wir aber nicht, weil man von uns Diskretion erwartet. Das ist auch ein Grund, warum man sich an uns wendet. Ich habe den Eindruck, dass man sich heute für solche Dienste öfter an uns wendet als zuvor. Die Formen unserer Aktivitäten sind sehr unterschiedlich.
Die Schutzmachtmandate geben der Schweiz künftig nicht mehr so viel zu tun. Wenn Kuba und die USA wegfallen, sind es noch vier: Iran in Ägypten, USA in Iran, Russland in Georgien und Georgien in Russland.
Heute vermitteln wir eher zwischen Kriegsparteien. Fragen des humanitären Völkerrechts und des humanitären Zugangs werden immer wichtiger, etwa wie man dringend benötigte humanitäre Hilfe zu einer Bevölkerung in Not bringt. Heute stehen solche Engagements im Zeichen der Zeit. Schutzmachtmandate, bei denen zwei Staaten keine formelle Beziehung haben und einer zwischen den beiden pendelt, gehören wohl der Vergangenheit an. Das wichtigste Mandat, das wir noch haben und wofür wir sehr viel arbeiten, ist jenes zwischen Iran und den USA. Aber wir hoffen, dass man uns auch dort einmal nicht mehr braucht. Denn, wenn sich eine Beziehung normalisiert, ist es immer im Interesse der beiden betroffenen Staaten und auch der Region.
Das Gespräch führte Géraldine Eicher
Kuba und USA – Ein 50-jähriger Konflikt
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Bild 1 von 12. 1959: Fidel Castro, Che Guevara (r.) und ihre revolutionäre Gruppe «Bewegung des 26. Juli» übernehmen nach der Flucht von Diktator Fulgencio Batista in Kuba die Macht. Die Industrie wird verstaatlicht, Grossgrundbesitz in staatliche Kooperativen überführt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 12. 1960: Die UdSSR und Kuba nehmen ihre diplomatischen Beziehungen auf. Auf dem Bild wird Castro vom sowjetischen Machthaber Nikita Chruschtschow geherzt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 12. 3. Januar 1961: Nachdem das gesamte Unternehmenseigentum der USA auf Kuba verstaatlicht wird, bricht US-Präsident John F. Kennedy die diplomatischen Beziehungen zum Inselstaat ab. Der kalte Krieg ist kurz vor dem Höhepunkt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 12. 17. bis 19. April 1961: 1400 bewaffnete Exil-Kubaner landen in der Schweinebucht und werden dort von den kubanischen Streitkräften um Maximo Lider Fidel Castro zum Erstaunen der Weltöffentlichkeit vernichtend geschlagen. Der von der US-Regierung unterstützte Umsturzversuch scheitert. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 12. 1. Mai 1961: Castro bekennt sich offiziell zum Marxismus-Leninismus. Bei der CIA gibt es erstmals Attentatspläne gegen Castro. Kubanischen Angaben zufolge soll der amerikanische Geheimdienst seither mehr als 600 Mal versucht haben, Castro zu ermorden. Ohne Erfolg. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 12. 3. Februar 1962: Die US-Regierung verhängt ein Wirtschaftsembargo über Kuba. Erst 1999 wird es erstmals gelockert. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 12. 22.-28. Oktober 1962: Während der Kuba-Krise steht die Welt am Abgrund eines Atomkrieges. Anlass ist die Stationierung von russischen Atomraketen in Kuba. Die USA unter Präsident John F. Kennedy starten darauf eine Seeblockade. Moskau zieht seine Waffen im letzten Moment wieder ab. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 12. 1975: Die kubanische Armee unterstützt die angolanische Regierung beim Kampf gegen die von den USA geförderte Rebellenbewegung Unita. Die kubanischen Truppen bleiben schliesslich 16 Jahre im Land. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 12. 1980: Um der Repression des Castro-Regimes zu entkommen, fliehen mehr als 120'000 Kubaner über den Hafen Mariel in die Vereinigten Staaten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 12. 1999: Zwischen den USA und Kuba entbrennt ein heftiger Streit um einen sechs Jahre alten kubanischen Jungen, der vor der US-Küste gerettet und an Land gebracht wird. Commandante Castro spricht von einer Entführung. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 12. 2008: Castro verkündet seinen Rücktritt. Sein Nachfolger wird Bruder Raúl (r.). Seither herrscht Tauwetter zwischen den USA und Kuba. Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 12. 2014: Historische Annäherung: Barack Obama telefoniert mit Raúl Castro. Bildquelle: Keystone.