Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière erklärt an der Medienkonferenz nach dem zweitägigen Treffen der deutschsprachigen Innenminister: «Die europäische Kommission hat solche Verhandlungen bisher abgelehnt. Ich vertrete die Auffassung, dass das nicht das letzte Wort sein kann.»
Die Schweiz sei nicht irgendein Nachbarland der EU, hält Minister de Maizière unmissverständlich fest. «Es ist unsere verdammte Pflicht nach Wegen zu suchen, um eine gemeinsame Lösung zu finden.» Wenn nicht grade Verhandlungen, so seien zumindest Gespräche mit der Schweiz geboten.
Auf die Frage, wie denn die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU mit Zuwanderungsbeschränkungen in der Schweiz in Einklang gebracht werden könnte, antwortet de Maizière: «Wir hatten ja sehr schwierige Verhandlungen im Bankenwesen. Das kann man mit der Kavallerie machen, oder mit Gesprächen.» Es hänge vom Geist der Gespräche ab. «Man kann sagen: Die EU ist doof. Oder: Die Schweiz ist doof. Und hat damit vielleicht innenpolitisch Vorteile. Oder man kann sagen: Lass uns doch mal schauen, was irgendwie geht.»
Eine Koalition der Willigen
Noch deutlicher wird gar der luxemburgische Innenminister Etienne Schneider. Luxemburg, das die Volksabstimmung vom 9. Februar in der Schweiz bisher mit scharfen Worten verurteilt hat, setzt sich heute klar für Gespräche mit der Schweiz ein. Minister Schneider erklärt: «Wir müssen versuchen, eine Koalition der Willigen suchen, die bereit sind, mit der Schweiz Lösungen zu finden.»
Natürlich habe die Ankündigung der Schweiz, die Zuwanderung von EU-Bürgern beschränken zu wollen, in der EU keine Freude ausgelöst, sagt der luxemburgische Innenminister: «Das ist ein ungutes Gefühl, dass da aufgekommen ist.» Er verstehe allerdings, dass der Schweiz bei der Zuwanderung der Schuh drücke und gehe davon aus, dass man eine gewisse Flexibilität finden müsse. Wie die Schweiz den Widerspruch zwischen Verfassungsartikel und bilateralen Verträgen aufheben will, sei eine andere Frage. «Ich bin aber optimistisch, dass eine Lösung gefunden wird.»
Sommaruga: Hilfe von Freunden
Dermassen freundliche Worte aus europäischen Zentralen hat die Schweiz seit dem 9. Februar nicht mehr gehört. Bundesrätin Simonetta Sommuraga bleibt dennoch zurückhaltend. Die Ausgangslage sei und bleibe schwierig, gibt sie zu bedenken: «Wenn man mit Freunden spricht, dann hilft das. Letztlich braucht es aber Lösungen, die von allen 28 EU-Mitgliedsstaaten getragen werden.»
Unbeeindruckt zeigen sich denn auch Parlamentarierinnen und Parlamentarier. CVP-Ständerat Pirmin Bischof bezeichnet die neuen Klänge aus der EU als «diplomatische Nettigkeit». Ein Durchbruch in Verhandlungen mit der EU sei nur möglich, wenn die Schweiz den einzelnen EU-Staaten spezifische Angebote machen könne, gibt SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr zu bedenken: «Die Schweiz ist mit Geben und Nehmen nicht so vertraut. Sie ist eher mit dem Nehmen unterwegs und ist zurückhaltend, wenn es um grosszügige Angebote an Verhandlungspartner geht.»
SVP erfreut
Die Initianten von der SVP hingegen wittern Morgenluft. Parteipräsident Toni Brunner spricht von «ermutigenden Signalen». Die EU-Staaten hätten ein Interesse daran, dass es mit der Schweiz nicht zur Eskalation komme, weil das Prinzip der Freizügigkeit auch innerhalb der EU häufiger zur Diskussion gestellt werde.
Wer Recht hat, wird sich in den nächsten Monaten weisen, wenn sich die EU mit der Schweiz gemeinsam an einen Tisch setzt. Oder eben auch nicht.