Ein Staatsbesuch ist eine durchorganisierte Sache – das Armeespiel gehört zum Zeremoniell: Sie empfing Staatspräsident Béji Caïd Essebsi mit der tunesischen Nationalhymne. Später traten wie immer alle sieben Bundesräte zur Begrüssung an und am Abend folgte ein Galadinner.
Viel Zeremonielles also, wobei die gemeinsame Medienkonferenz mit Bundespräsident Johann Schneider-Ammann eher unkonventionell begann: Der Bundespräsident und das tunesische Staatsoberhaupt fanden buchstäblich keine gemeinsame Sprache. Schneider-Ammann redete auf Deutsch, worauf Präsident Essebsi erwiderte, dass eigentlich Französisch geplant gewesen sei. Er erlaube sich also zunächst auf Arabisch zu sprechen.
Ringen um tunesische Potentatengelder
Rasch kamen Schneider-Ammann und Essebsi auf die Guthaben von Ex-Diktator Ben Ali zu sprechen. Fast 60 Millionen Franken sind in der Schweiz blockiert. Seit vier Jahren läuft das Ringen um eine Rückgabe der Gelder an Tunesien.
Das Geld gehört dem tunesischen Volk!
«Es besteht ein Anspruch und eine Bereitschaft seitens der Schweiz. Die Prozedur läuft und soll intensiviert werden.», sagte Schneider Ammann. Die Rechtsstaatlichkeit müsse respektiert werden und das bestimme auch das Vorankommen in diesem Prozess.
Die Schweizer Bundesanwaltschaft nämlich ist angewiesen auf klare Belege aus Tunesien. Belege die beweisen, dass die blockierten Gelder einen kriminellen Ursprung haben. Essebsi seinerseits verlangte schnelle Lösungen. In Tunesien gebe es schon Urteile, die beweisen würden, dass die Guthaben dem Volk gestohlen worden seien: «Das Geld gehört dem tunesischen Volk», sagte der tunesische Präsident.
Die Rückgabe sollte nicht Jahre dauern.
Im Zuge der nationalen Versöhnung verhandelt Tunesien zurzeit mit ehemaligen Gefolgsleuten von Diktator Ben Ali über eine Rückkehr ins Geschäftsleben – eine Art Amnestie also. Dass Tunesien mit dem Umfeld von Ben Ali eine vergleichbare Lösung suche und sich auf eine Aufteilung der blockierten Gelder einigen könnte, schliesst Essebsi kategorisch aus: Das Geld sei Tunesien gestohlen worden – mit Dieben werde nicht verhandelt.
Wie schnell es nun mit der Rückgabe der Gelder vorwärts geht, bleibt offen. «Fragen Sie jetzt nicht, ob das Wochen oder Monate sind. Aber es sollten nicht Jahre sein», sagte Schneider-Ammann. Und er war sich einig mit Präsident Essebsi: Eigentlich wollten sich Tunesien und die Schweiz mit Wichtigerem beschäftigten; der dringenden wirtschaftlichen Entwicklung in Tunesien zum Beispiel.