Die Abhängigkeit der Nachbarländer Schweiz und Frankreich in der Corona-Krise zeigt sich etwa beim Streit um blockiertes Schutzmaterial: Frankreich habe das Problem mit den blockierten Schutzmasken gelöst, schreibt die französische Botschaft in der Schweiz heute. Die Masken seien unterwegs in die Schweiz. Der französische Botschafter Frédéric Journès sagt, die Solidarität zwischen den Nachbarn komme zum Tragen, weil man begriffen habe, dass man dieselben Interessen habe.
Der französische Botschafter weist auch auf 30'000 französische Grenzgänger hin, die im Schweizer Gesundheitsbereich tätig seien. Auf sie sind vor allem die Grenzkantone dringend angewiesen. Umgekehrt, so Journès, würden derzeit 20 schwer erkrankte Covid-19-Patienten und Patientinnen aus Frankreich in verschiedenen Schweizer Spitälern gepflegt, seit bereits einer Woche etwa in Basel-Stadt.
Es zeigt sich, dass wir gemeinsam aus dieser Krise herausfinden müssen.
Die Staaten handeln also auch aus Eigeninteresse: Sie geben und sie nehmen. Für Basel-Stadt hätte die Solidarität im Vordergrund gestanden, als es die Patienten aufgenommen habe, sagt der Basler Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger, der auch Vizepräsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz ist. Es habe keine Verhandlungen über Gegengeschäfte gegeben. Basel-Stadt sei einfach angefragt worden und habe geholfen. «Es zeigt sich, dass wir gemeinsam aus dieser Krise herausfinden müssen», so Engelberger.
Die gegenseitige Abhängigkeit unter Nachbarn zeige sich in der Krise umso deutlicher, sagt auch die Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission, die grünliberale Nationalrätin Tiana Angelina Moser: «Interessen spielen immer eine Rolle, aber die Situation ist sicherlich angespannt.» Alle Akteure seien daran interessiert, dass es nicht zu einer Eskalation kommt, sondern dass man eher deeskalierend wirkt.
Eigeninteresse und Solidarität
Doch ob die nachbarschaftliche Hilfe auch dann noch funktioniert, wenn sich die Situation zuspitzt, weiss derzeit niemand. Botschafter Journès ist optimistisch: Die Staaten würden immer mehr einsehen, dass Solidarität gefragt sei und Alleingänge nichts brächten.
Auch Politik-Professor Laurent Goetschel von der Schweizerischen Friedensstiftung Swisspeace vermutet: «Man wird realisieren, dass man beidseitig aufeinander angewiesen ist, in einer Krisensituation noch mehr als sonst. Man wird versuchen, einander in gegenseitigem Interesse, nicht nur primär aus Solidarität, zu helfen.» Die Krise schweisse die Schweiz und ihre Nachbarländer ein Stück weit zusammen.