Im grössten Indizienprozess des Kantons Uri wurde Ignaz Walker zu 15 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Der Bar-Betreiber soll einen Auftragskiller auf seine damalige Ehefrau angesetzt und 11 Monate zuvor auf einen Gast geschossen haben. Walker selber beteuerte stets seine Unschuld.
Hauptindiz DNA-Spur fällt weg
Jetzt hat das Bundesgericht Walkers Beschwerde in entscheidenden Punkten gutgeheissen – und das Urteil heute den Parteien zugestellt. Das Urner Obergericht muss den Fall neu beurteilen. Dabei darf aber die angeblich auf der Patronenhülse gefundene DNA-Spur nicht als Indiz verwendet werden.
Die Urner Spurensicherung war heftig in die Kritik geraten. Denn die DNA fand ausgerechnet ein Polizist, der nach einem privaten Bar-Besuch in ein Strafverfahren gegen Walker verwickelt war. Walkers Verteidiger Linus Jaeggi sprach von einer «Manipulation durch den Polizisten». Das Bundesgericht hielt es jedoch nicht für nötig, über eine mögliche Befangenheit des Polizisten zu befinden.
Das Bundesgericht hält hingegen fest, dass «eine erhebliche Unsicherheit» bestehe, wann die DNA Walkers auf die Patronenhülse kam: «Die von der Vorinstanz gewählte Variante ist lediglich eine von mehreren mehr oder weniger unwahrscheinlichen Möglichkeiten». Das Bundesgericht kommt zum Fazit, es gebe «keinen genügenden Beweis», dass Walker zwingend der Schütze gewesen sei.
Alkoholisierter Hauptzeuge muss vor Obergericht
Ignaz Walker war von einem massiv alkoholisierten Mann beschuldigt worden, er habe vor seiner Bar auf ihn geschossen. Das Bundesgericht ist zwar der Ansicht, dass dieser Hauptzeuge bei den ersten Einvernahmen mit seinen rund 2,6 Promille «offensichtlich in der Lage war, trotz seinen Alkoholkonsums stimmige und detaillierte Angaben zu machen». Allerdings war der Hauptzeuge weder vor Landgericht noch vor Obergericht erschienen.
Auch in diesem Punkt rügt nun das Bundesgericht die Urner Justiz. Das Obergericht hätte alles unternehmen müssen, um eine gerichtliche Befragung vornehmen zu können und hätte «diesen auch für eine gewisse Zeit zur Fahndung ausschreiben müssen.» Das Obergericht müsse nun bei der Neubeurteilung des Falls zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um den Hauptzeugen selber zu befragen.
Walkers Anwalt zeigt sich erleichtert
Walkers Anwalt Linus Jaeggi erklärt gegenüber der «Tagesschau»: «Ich bin sehr erleichtert, dass das Bundesgericht das Urteil aufgehoben hat und ich bin vor allem auch sehr erleichtert, dass das unselige Beweismittel dieser DNA-Spur auf der Patronenhülse ein für alle Mal vom Tisch ist.
Ich hoffe, dass Herr Walker relativ rasch aus dieser Sicherheitshaft heraus kommt. Auch für ihn gilt wie immer die Unschuldsvermutung und grundsätzlich darf jemand erst eingesperrt werden, wenn er auch verurteilt ist.»
Urner Obergericht muss über die Bücher
Rolf Dittli, Präsident des Obergerichts Uri, erklärt: «In der DNA-Sache müssen wir noch einmal über die Bücher. Fakt ist aber, alle anderen Indizien hat das Bundesgericht als verwertbar angesehen und hat ausdrücklich und klar festgestellt, dass unsere Beweiswürdigung nicht willkürlich war.»
Ignaz Walker hofft, möglichst bald aus der Haft entlassen zu werden. Das Obergericht Uri wird die Haftfrage wohl demnächst prüfen müssen.