Von der Wählerstärke her, das bezweifelt unter der Bundeshauskuppel heute niemand, hätte die SVP Anrecht auf zwei Sitze im Bundesrat. Das dürfte auch nach den Wahlen so bleiben – beim Vorsprung, den die SVP auf andere Parteien hat.
Ich mache mir nicht allzu viele Illusionen
Parteipräsident Toni Brunner macht sich trotzdem wenig Hoffnung, den zweiten Sitz zurückerobern zu können: «Die anderen Parteien mischeln bereits wieder hinter den Kulissen. Darum mache ich mir nicht allzu viele Illusionen.»
Für Brunner ist kein Zufall, dass die Präsidenten von SP und BDP fast zeitgleich der SVP vorwerfen, braune Politik zu betreiben, beziehungsweise faschistoide Tendenzen aufzuweisen. «Es geht um die Machterhaltung der jetzt regierenden Parteien, auch der übervertretenen Parteien, die eine Drohkulisse aufbauen, warum die SVP nicht mit zwei Sitzen in der Regierung vertreten sein soll.»
Ziel der SP: Rechtsmehrheit von SVP und FDP verhindern
Das eine habe mit dem anderen nichts zu tun, weist SP-Präsident Christian Levrat diesen Verdacht zurück. Ob die SVP den zweiten Sitz erhalte, sei für ihn offen, erklärt der SP-Chef. Um sogleich anzufügen: «Das oberste Ziel für uns ist zu verhindern, dass FDP und SVP zusammen vier Bundesratssitze bekommen und damit automatisch eine Rechtsmehrheit im Bundesrat entsteht.»
Doch: Was ist, wenn BDP-Bundesrätin Eveline Widmer im Bundesrat bleiben will? Mit Abwahlen soll man zurückhaltend sein, sagt SP-Präsident Levrat. Will heissen: Für ihn muss sich die SVP mit einem Sitz begnügen, oder aber die FDP verliert einen ihrer beiden Sitze. Auf die Frage, welches Szenario die SP anpeilt, antwortet Levrat: «Das werden wir sehen. Das ist dann ein Detail, wenn beide Parteien in einzelnen Kantone gezielt Listenverbindungen eingehen, dann stellt sich für mich die Frage als Ganzes.»
Ich möchte diesen Schmusekurs zwischen SVP und FDP beenden
Die SP-Strategie kommt der CVP gelegen. Präsident Christophe Darbellay: «Ich bin meistens nicht einverstanden mit Christian Levrat. Aber in diesem Punkt schon: Wir brauchen in diesem Land keine Mehrheit im Bundesrat von FDP und SVP.»
Auch Darbellay sagt nicht, ob das auf Kosten der SVP oder der FDP gehen soll. Es ist allerdings auffällig, dass der CVP-Präsident den Ton gegenüber der FDP massiv verschärft. Er stört sich daran, dass diese in manchen Kantonen Listenverbindungen mit der SVP erwägt: «Ich möchte diesen Schmusekurs zwischen SVP und FDP beenden.»
Wenn möglich, werden auch die Grünen ihre Verantwortung im Bundesrat übernehmen
SP und CVP wollen die Mitte-Links-Regierung bewahren. Den Grünen soll es recht sein. Präsidentin Regula Rytz: «Es ist klar, dass die Parteien, die eine konstruktivere Politik betreiben und die nicht nur auf Abschottung setzen, eine Regierung zusammenstellen müssen, die die Schweiz vorwärtsbringen kann. Da werden Mitteparteien dabei sein, die SP, und wenn möglich, werden auch die Grünen eine Verantwortung übernehmen.»
Alle gegen die FDP?
Und die Grünliberalen? Für Präsident Martin Bäumle hat die SVP Anspruch auf zwei Sitze, sofern sie valable Kandidaten stellt. Kritische Worte gegen die FDP sind auch von ihm zu hören. Für Bäumle steht fest, «dass die FDP ihr ökologisches Gewissen, das letztes Jahr am Keimen war, selber wieder begraben hat und somit kein verlässlicher Partner ist.»
Alle gegen die FDP? Der attackierte Parteipräsident Philipp Müller schiesst zurück. Er wolle die Zauberfomel wieder herstellen. Die drei stärksten Parteien aus den Parlamentswahlen sollen zwei Sitze bekommen, die viertstärkste Partei einen Sitz. Die BDP habe dann keinen Platz mehr im Bundesrat, denn: «Ich gehe nicht davon aus, dass die BDP dermassen zulegen wird, dass sie mindestens auf Platz drei kommen wird.»
Wir sind sowieso alle dazu verdammt, zuzulegen und zu wachsen
Mitte-Links-Bundesrat oder Mitte-Rechts-Bundesrat: Das wird also die Frage sein. Es sei denn, Bundesrätin Widmer-Schlumpf sorgt für eine Überraschung. Sie werde möglicherweise das Ergebnis der Parlamentswahlen kennen wollen, bevor sie über ihren Verbleib im Bundesrat entscheide, sagt BDP-Präsident Martin Landolt. Sollte die BDP in diesen Wahlen verlieren, dann sehe alles anders aus: «Das würde uns sicher allen zu denken geben. Wir sind so oder so dazu verdammt, noch einmal als Partei zuzulegen und zu wachsen.»
Die Präsidentin der Grünen Regula Rytz bringt es auf den Punkt: «Deshalb werden diese Wahlen so spannend sein wie noch nie.»