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Schweiz Wie Rudolf Elmer in Teufels Küche geriet

Einige feierten ihn als Held, andere beschimpften Whistleblower Rudolf Elmer als Nestbeschmutzer: Die turbulente Geschichte des einstigen Kadermannes von Julius Bär.

Ob Robin Hood, Held, Nestbeschmutzer oder Verräter: Politiker, Journalisten und Finanzplatzexperten verpassten Rudolf Elmer in den vergangenen sieben Jahren so einige Spitznamen. Welche Bezeichnung auf den ehemaligen Kadermann der Privatbank Julius Bär letztlich zutrifft, wird die Geschichte noch zeigen.

Juristisch hat das Zürcher Obergericht heute eine Antwort gegeben: Elmer ist zwar der Urkundenfälschung und der Drohung schuldig, nicht jedoch der Bankgeheimnisverletzung. Diese hatte die erste Instanz noch als gegeben erachtet. Wie war es genau dazu gekommen?

Kampf um das eigene Gewissen

Rudolf Elmer steigt 1987 bei Julius Bär ein und leitet ab 1995 die Offshore-Gesellschaft der Privatbank auf den Cayman Islands. Eine reizvolle Aufgabe für den aufstrebenden und exakt arbeitenden Zürcher – bis der gelernte Revisor laut eigener Aussage im Laufe der Jahre in den Dokumenten und Kundendaten der Offshore-Konstrukte Unregelmässigkeiten entdeckt: dubiose Methoden, Konten und Kunden, die zum Ziel haben, Vermögen vor Ermittlungsbehörden und dem Fiskus zu verschleiern.

Der Fund führt zu monatelangen Gewissensbissen, wie der einstige Julius-Bär-Kadermann später im Dokumentarfilm «Offshore – Elmer und das Bankgeheimnis» erklärt. Doch nachdem das Finanzhaus Elmer zwischenzeitlich entlässt, übergibt der Banker einigen ausgewählten Steuerbehörden, Journalisten und letztlich im Jahre 2008 der Enthüllungsplattform Wikileaks sensible Bankkundendaten auf zwei Datenträgern.

Medienwirksamer Auftritt mit Julian Assange

Die Kooperation mit Julian Assange mündet schliesslich in einem öffentlichen Auftritt der beiden Protagonisten, bei dem Elmer dem Wikileaks-Gründer medienwirksam die beiden Daten-CDs überreicht.

Selbst wenn die beiden Datenträger – wie Elmer nach wie vor versichert – leer gewesen sein sollten, führen Elmers Handlungen zu seiner Haftung, insgesamt 220 Tage Untersuchungshaft, Hausdurchsuchungen am eigenen Wohnort und zu zwei Strafverfahren. Das Bezirksgericht verurteilt Elmer denn auch wegen Urkundenfälschung und Verletzung des Bankgeheimnisses zu einer bedingten Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu 150 Franken. Die Richter ordnen zudem an, dass der Beschuldigte vollumfänglich für die Gerichtskosten aufzukommen habe. Allein die Gerichtsgebühr beläuft sich auf 25'000 Franken.

Obergericht korrigiert erstinstanzliche Verurteilung

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Der vorerst letzte Akt ist für die Staatsanwaltschaft eine herbe Niederlage: Das Obergericht spricht Elmer in zweiter Instanz vom Vorwurf der Bankgeheimnisverletzung frei. Auch ein Berufsverbot ist vom Tisch, Elmer darf weiterhin als Vermögensverwalter arbeiten.

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