- Das Bundesstrafgericht in Bellinzona hat sein Urteil in einem der grössten Korruptionsfälle in der Geschichte der Schweizer Bundesverwaltung gefällt.
- Es verurteilt einen ehemaligen Mitarbeiter des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten.
- Er hatte während zehn Jahren Geschenke und Bestechungsgelder über 1.7 Millionen Franken angenommen – und dafür IT-Aufträge an bevorzugte Firmen vergeben.
Die Bestechungsaffäre beim Bund flog im Jahr 2014 auf. Der damalige Ressortleiter im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hatte von 2004 bis 2014 überteuerte IT-Aufträge vergeben und im Gegenzug Geld, VIP-Fussballtickets und Reisen erhalten. Betroffen waren IT-Aufträge im Wert von knapp 100 Millionen Franken und Bestechungsgelder von über 1.7 Millionen Franken.
Das Bundesstrafgericht in Bellinzona übertrifft mit seinem Urteil die von der Staatsanwaltschaft geforderten vier Jahre Freiheitsstrafe. Zudem muss der heute 69-jährige ehemalige IT-Ressortleiter des Seco eine Geldstrafe von 130 Tagessätzen leisten. Er wurde der mehrfachen Urkundenfälschung und Bestechung für schuldig befunden.
Richter: «Betrügerisches Geben und Nehmen»
Drei mitangeklagte Unternehmer, deren Firmen von den Aufträgen profitiert hatten, haben bedingte Freiheits- und Geldstrafen erhalten. Das Urteil des Bundesstrafgerichts kann ans Bundesgericht weitergezogen werden. Ob eine Partei das tun will, ist noch offen.
Das strenge Urteil beweise, dass es sich um einen der grössten Korruptionsfälle in der Bundesverwaltung seit mehreren Jahrzehnten handle, sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Marcel Niedermann. «In der Urteilsbegründung sprechen die Richter von einem betrügerischen Geben und Nehmen. Es seien nicht einfach nur kleine Zuwendungen gewesen, sondern ein systematisches Bestechen und sich Bestechen lassen zwischen den IT-Unternehmen und dem ehemaligen Seco-Ressortleiter.»
Statt die Aufträge öffentlich auszuschreiben, hat der ehemalige Ressortleiter diese freihändig vergeben. «Dabei hat das Kontrollsystem innerhalb der Bundesverwaltung versagt. Es gab kein Vier-Augen-Prinzip», so Niedermann. Darauf habe der Bundesrat im vergangenen Jahr reagiert und eine neue Strategie zur Bekämpfung der Korruption verkündet.
Das sei dringend nötig, betont Niedermann, denn die Zahl der freihändigen IT-Vergaben habe in den vergangenen Jahren zugenommen. «Es braucht allerdings auch einen Kulturwandel – und ob ein solcher innerhalb der Bundesverwaltung stattgefunden hat, ist von ausser kaum zu beurteilen.»