Sexuelle Übergriffe in der katholischen Kirche sollen künftig in jedem Fall zu einer Anzeige bei der Justiz führen, wenn es Hinweise auf ein Offizialdelikt gibt. Die Schweizer Bischofskonferenz will ihre Direktiven entsprechend anpassen.
Bisher war dies nur für minderjährige Opfer so klar formuliert. Erwachsene Opfer hatten jedoch ein Vetorecht, wenn sie es wünschten, dass ihr Fall nicht an die Justiz weitergeleitet und es akzeptierten, dass kirchliche Gremien den Fall beurteilten.
Falsch verstandenes Veto-Recht
Die Schweizer Bischofskonferenz, die ab Montag in St. Gallen tagt, will ihre Meldepflicht verschärfen und eine entsprechende Änderung gutheissen. Die Sprecherin Encarnacion Berger-Lobato bestätigte entsprechende Berichte der «Sonntagszeitung» und «Matin Dimanche».
Das Vetorecht der Opfer sei in der Öffentlichkeit missverstanden worden, erklärte Berger-Lobato. Es sei der Anschein entstanden, dass man die Absicht habe Tatsachen zu verbergen.
Starke Zunahme im vergangenen Jahr
Sexuelle Übergriffe innerhalb der katholischen Kirche sorgen seit Jahren weltweit für negative Schlagzeilen. Auch in der Schweiz melden sich immer mehr Opfer, die von Kirchenleuten belästigt oder missbraucht worden sind.
Im vergangenen Jahr kam es zu 65 neuen Meldungen. Dieser markante Anstieg sei das Resultat eines entsprechenden Aufrufs der Bischöfe in der Kathedrale von Valeria in Sitten vom Dezember 2016, betonte Berger-Lobato.
Von 2011 bis 2016 waren es jährlich zwischen elf und 24 Missbrauchsfälle. Höher war die Zahl mit 115 gemeldeten Übergriffen nur 2010, nachdem sich die Bischöfe bei den Opfern entschuldigt und sie dazu aufgerufen hatten, sich zu melden.