Bleibt Schweizer Kriegsmaterial im Käuferland oder reichen die Länder die Waffen illegal weiter? Die Schweiz überprüft das stichprobenweise. Letztes Jahr unter anderem in Indien. Drei Tage im November war eine Delegation des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) unterwegs, doch bei der Kontrolle von Schweizer Maschinenpistolen biss sie auf Granit.
Manche Waffen konnte sie lediglich über einen Videostream und über vorher aufgenommene Videos inspizieren. Von einem substantiellen Teil der Maschinenpistolen allerdings sah sie gar nichts, die Waffen blieben für die Delegation unerreichbar – auch eine Kontrolle via Videostream gab es nicht, angeblich, weil die Internetverbindung an den Waffenstandorten ungenügend sei.
Prädikat «ungenügend»
SRF hat den Kontrollbericht gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz erhalten – darin bezeichnet das Seco das Ergebnis der Prüfung als «ungenügend»: Nur ein kleiner Teil der Waffen habe physisch überprüft werden können. Es gebe zwar keinen konkreten Verdacht, dass die Waffen in die Hände von Unberechtigten gelangt seien: «Allerdings lässt sich das mit dem Ergebnis der Kontrolle auch nicht vollständig ausschliessen», so das Seco.
Die Behörde kritisiert auch, dass manche Waffen lediglich per Video kontrolliert werden konnten. Videos könnten Kontrollen vor Ort nicht ersetzen: Der Standort der Waffen lasse sich nicht überprüfen – es bleibe ein Restrisiko.
Kein Exportstopp für Kriegsmaterial
Das negative Ergebnis der Kontrolle müsse bei zukünftigen Ausfuhrgesuchen für Kleinwaffen umfassend berücksichtigt werden, schreibt das Seco. Schon vorher hatten die Behörden Kriegsmaterialexporte nach Indien strenger beurteilt als bei anderen Staaten – dies unter anderem wegen des Grenzkonflikts mit Pakistan. Die Erkenntnisse aus der Kontrolle würden in die Beurteilung künftiger Gesuche einfliessen, schreibt das Seco auf Anfrage.
Der Bundesrat hatte vor drei Jahren weitere mögliche Massnahmen genannt gegen Länder mit Mängeln bei den Kontrollen: So könne die Schweiz dem betreffenden Land diplomatische Unterstützung zum Beispiel bei Kandidaturen für Mitgliedschaften oder Funktionen in internationalen Organisationen verweigern. Oder Kriegsmaterialverkäufe ganz untersagen. Beides scheint bei Indien nicht der Fall zu sein.
Eingeführt nach Handgranaten-Skandal
Linke Parlamentarierinnen und Parlamentarier üben regelmässig Kritik am Kontrollregime. Sie verlangen, dass die Prüfungen vom Aussendepartement übernommen würden – und nicht vom Seco, das auch den Export von Kriegsmaterial bewilligt. Allerdings lehnte der Nationalrat diese Forderung letztes Jahr ab.
Eingeführt hat die Schweiz die Kontrollen 2012, nachdem die Vereinigten Arabischen Emirate Schweizer Handgranaten an Rebellen in Syrien weitergegeben hatte. Rund 60 Prüfungen hat die Schweiz bislang vorgenommen. Öffentlich bekannt wurden Verstösse von Ghana, Libanon oder der Slowakei gegen die Schweizer Exportauflagen: Im Fall von Ghana und Libanon hatten die Kontrollen den Stopp aller Schweizer Kriegsmaterialexporte zur Folge. Allerdings besteht in dem Bereich keine vollständige Transparenz: Das Seco gibt keine komplette Liste derjenigen Länder heraus, bei denen es Mängel feststellte.