- Schweizer Unternehmen haben 2023 rund 27 Prozent weniger Kriegsmaterial exportiert als im Vorjahr.
- Gestützt auf die Bewilligungen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) gelangte Kriegsmaterial für 696.8 Millionen Franken in 58 Länder.
- Damit sind die Kriegsmaterialexporte um knapp 260 Millionen Franken gesunken.
2022 war noch Kriegsmaterial für 955 Millionen Franken exportiert worden. Die gesamte Schweizer Warenausfuhr sei 2023 um rund 1.2 Prozent tiefer ausgefallen als im Vorjahr. So hätten auch die Kriegsmaterialausfuhren eine Abnahme verzeichnet.
Grössere Geschäfte in der Berichtsperiode waren die Ausfuhren von verschiedenen Munitionsarten und Munitionskomponenten nach Deutschland (98.1 Millionen Franken), von gepanzerten Radfahrzeugen und deren Ersatzteilen nach Dänemark (54.6 Millionen Franken) und spezifischer Munition für Flugabwehrsysteme nach Saudi-Arabien (40 Millionen Franken). Die fünf Hauptabnehmerländer waren Deutschland, Dänemark, die USA, Saudi-Arabien und Rumänien.
Der Grund für diesen Rückgang ist laut André Mittmann vom Seco, dass die Kriegsmaterialexportstatistik von einzelnen Grossgeschäften stark beeinflusst wird. Im Jahr 2022 seien in der Tat auch zwei grosse Geschäfte in den Bereichen der Flugabwehr und der gepanzerten Fahrzeuge zur Ausfuhr gekommen.
Gefragte Industrieprodukte, die nach Russland gelangen
Weniger Aufmerksamkeit erhält der Export von anderen Gütern, wie etwa Mikroprozessoren. Bereits sind solche Produkte in der Ukraine gefunden worden als Bestandteile von russischen Waffen. Jürgen Böhler bestätigt das, er leitet beim Seco das Bewilligungsressort für die Exportkontrolle von Industrieprodukten.
Die ukrainischen Behörden unterbreiteten dem Seco Fotos solcher gefundenen elektronischen Komponenten. «Dann klären wir ab, wann diese Güter hergestellt worden sind und über welche Kanäle diese mutmasslich den Weg in Waffensysteme gefunden haben», erklärt Böhler.
Solche Bauteile können auch in Spielzeug oder Baumaschinen stecken. Und sie gelangen auch nicht direkt nach Russland, denn hier wirken die Sanktionen. Vielmehr geht die Ware zuerst in ein anderes Land und von dort weiter. Das Seco nennt 11 Risikostaaten, darunter Serbien, die Türkei, China, Usbekistan oder Tadschikistan. Und auch die Schweizer Zollstatistik zeigt klar, manche dieser Länder importieren seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs deutlich mehr solcher elektronischen Komponenten als vorher.
Lieferungen verbieten oder bewilligen lassen?
«Es gibt ein Problem bei Gütern für waffenfähige Systeme und wir versuchen, Gegenmassnahmen zu treffen», sagt Böhler vom Seco. Er meint damit einen Informationsaustausch mit Schweizer Herstellerfirmen, aber auch mit anderen Ländern.
Die Schweiz habe auch schon Lieferungen verhindert, sagt Böhler. Warum also nicht verbieten oder bewilligungspflichtig machen? «Die Sanktionen richten sich gegen Russland und nicht gegen die angrenzenden Staaten», so Böhler.
Bald aber müssen Käufer Vertragsklauseln unterschreiben, dass die Waren nicht nach Russland weitergehen, wie dies das 12. Sanktionspaket der EU vorsieht. Die Verantwortung liege bei den Herstellern. Bei neuen Bestellungen und Lieferungen an kritische Staaten sollte darum das Seco für weitere Prüfungen beigezogen werden.