Zürich, Freibad Letzigraben, Juni 1949: Mütter plantschen mit ihren Kindern. Im Wasserbecken lachen und kreischen Schulklassen. Währenddessen messen sich Männer in dunkeln Badeanzügen am Zehn-Meter-Turm. Die Liegewiese lädt zum Sonnen ein. So feiert Zürich vor 75 Jahren die Eröffnung seines neuen Sommerbads – gebaut vom Schriftsteller und Architekten Max Frisch.
Ein vielbesuchtes Bad: von damals bis heute
Max Frisch sieht in der Architektur einen «Brotberuf». 1940 schliesst er sein Studium an der ETH Zürich ab. Zwölf Jahre lang führt er danach ein eigenes Büro. Das Freibad Letzigraben wird sein grösster Erfolg und macht ihn als «Bäderarchitekten» schlagartig bekannt.
Der Weg von Max Frisch zur Architektur
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Schon als Schüler wollte Max Frisch Schriftsteller oder Journalist werden, später studiert er Germanistik. Doch während des Studiums verstirbt sein Vater, der Ernährer der Familie. So beginnt Frisch als Journalist zu arbeiten und Geld zu verdienen. Die Honorare sind jedoch niedrig, das Einkommen reicht kaum aus. Max Frisch entscheidet sich deshalb für einen anderen Beruf. Da schon sein Vater Architekt war, liegt die Wahl nahe. 1936 beginnt er sein Studium an der ETH in Zürich.
Obwohl seine Karriere vielversprechend beginnt: Der grosse Durchbruch gelingt nicht. Das architektonische Werk von Max Frisch bleibt überschaubar. Neben dem Freibad realisiert er nur vier Wohnhäuser. Heute bringen nur wenige seinen Namen mit Architektur in Verbindung.
Mehr Bestätigung als Schriftsteller
Diese Entwicklung hat mit der Zweigleisigkeit von Max Frisch zu tun. Parallel zur Architektur widmet er sich weiterhin der Literatur. Erste Bücher erscheinen schon in seiner Studienzeit. Während der Bauarbeiten fürs Freibad führt das Schauspielhaus Zürich seine Theaterstücke auf.
«Max Frisch stiess mit seinem Schreiben auf viel positives Echo», sagt Petra Hagen Hodgson. Sie kannte Max Frisch persönlich, kürzlich hat sie ein Buch über ihn und seinen Vater veröffentlicht. «Positives Echo brauchen wir alle – Max Frisch sicherlich auch», sagt die Kunsthistorikerin.
Der Erfolg als junger Schrifsteller war natürlich grandios.
Durch den Erfolg als Schriftsteller wendet sich Frisch von der Architektur ab. Dort fehlt ihm jene breite Anerkennung, die er zunehmend über die Literatur geniesst. «Vielleicht wäre er sonst weiterhin zweigleisig gefahren», sagt Petra Hagen Hodgson.
Frischs Entscheid für die Literatur dürfte auch mit gewissen Enttäuschungen als Architekt zusammenhängen. Ende der 1940er-Jahre plant er zwei weitere Seebäder. Doch keines davon wird gebaut. In Horgen ZH scheitert das Grossprojekt etwa an einer Einsprache.
Irgendwann wurde es kräftemässig zu viel.
1954 schafft Max Frisch mit dem Roman «Stiller» schliesslich den Durchbruch als Schriftsteller. Das Buch wird in zahlreiche Sprachen übersetzt, erreicht eine Millionenauflage. «Und Max Frisch ist nicht mehr auf die Architektur als Geldquelle angewiesen», sagt Petra Hagen Hodgson. «Auch kräftemässig wurde es irgendwann zu viel.» 1955 verkauft Max Frisch sein Architekturbüro an einen Mitarbeiter.
Der selbstkritische Architekt Max Frisch
Heute existiert nebst dem Freibad Letzigraben nur noch ein Gebäude von Max Frisch in Bauma ZH. Drei Wohnhäuser im Tessin, in Arlesheim und im Fürstentum Liechtenstein wurden abgerissen. Das Ende des Tessiner Hauses erlebt Max Frisch in den 1980er-Jahren sogar noch mit. «Dies hat er sehr bedauert», sagt Hagen Hodgson. Max Frisch hat das Haus für seinen Bruder gebaut, «er mochte es am liebsten».
Max Frisch: Häuser und Abrisse
In Gesprächen hat Hagen Hodgson mit Frisch auch über sein Verhältnis zur Architektur gesprochen. «Grundsätzlich war er der Meinung, dass er mehr zu sagen hätte», sagt die Kunsthistorikerin. «Er hielt sich deshalb für einen besseren Schriftsteller als Architekten.»
Trotzdem lässt die Architektur Max Frisch zeitlebens nie los. In seiner Literatur lebt sie in Beschreibungen weiter – als Kulisse für seine Protagonistinnen und Protagonisten.
Buchhinweis
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Petra Hagen Hodgson befasst sich in ihrem Buch mit der Architektur von Vater und Sohn Frisch. Sie thematisiert auch deren Beziehung sowie das Zusammenspiel von Literatur und Architektur im Werk von Max Frisch. Als Studentin der Germanistik und Kunstgeschichte hat Petra Hagen Hodgson ihn in den 1980er-Jahren persönlich interviewt. «Gebaute Beziehungen». Scheidegger & Spiess 2023.
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