Seit letztem Winter spielen die Strompreise verrückt, mit dem Ukraine-Krieg sind die Risiken noch gewachsen. Höhere Preise bedeuten, dass stromhandelnde Firmen auch mehr Geld als Sicherheit hinterlegen müssen. Dies brachte letzten Dezember den Stromkonzern Alpiq dazu, den Bund um Hilfe zu bitten – letztlich trieb er das Geld dann selber auf. Doch der Bundesrat war auf den Plan gerufen.
Bund möchte «Worst Case» verhindern
Der Bundesrat hat den Text eines dringlichen Gesetzes in die Vernehmlassung gegeben, mit dem der Bund im äussersten Notfall mit verzinslichen Darlehen einspringen würde, sollte ein systemrelevanter Stromkonzern ins Taumeln geraten.
Damit verbunden wären Auflagen wie Transparenz, was die Geschäfte im Inland angeht. Die betroffenen Konzerne – allen voran wohl Alpiq, Axpo und BKW – müssten diese Auflagen auf jeden Fall erfüllen, auch wenn sie nie in Not geraten würden.
Auflagen schrecken BKW ab
Dagegen wehrt sich nun BKW-CEO Suzanne Thoma in einem Beitrag von «10vor10»: «Wir brauchen den Rettungsschirm, so wie er vorgeschlagen ist, nicht. Denn er wäre ein Darlehenszwang in dem Sinn, dass die Unternehmen Bedingungen zustimmen müssten, die sie in ihrer Handlungsfähigkeit einschränken.» Zudem müssten Geschäftsgeheimnisse preisgeben werden, womit der Rettungsschirm keine Probleme löse, sondern neue schaffe, so Thoma.
Dieser Rettungsschirm löst keine Probleme, sondern schafft neue.
Das Parlament könnte zwar eine gesetzliche Grundlage schaffen, damit der Bundesrat im Extremfall eines europaweit drohenden Zusammenbruches der Stromversorgung eingreifen könnte. «Was immer das auch heisst, das kann man heute noch nicht wissen», sagt Thoma. «Aber dafür muss man nicht ganze Unternehmen unter den Rettungsschirm zwingen.»
Wirklich wichtig sei, dass im Fall eines Konkurses der Strom weiterfliessen könne, so Thoma. Wie dies bei Kernkraftwerken geschehen würde, ist in Konzepten bereits festgelegt. Nun würden BKW, Alpiq und Axpo gemeinsam die Pläne für die ganze Stromversorgung anpassen. «Bis Mitte Jahr kommen wir mit einem Lösungsvorschlag.»
Politiker sind skeptisch
Auch in der Politik werden skeptische Stimmen laut. FDP-Ständerat Ruedi Noser sagt, im Notfall könnte der Bundesrat schon jetzt auf Notrecht zurückgreifen. «Ansonsten aber ist es Aufgabe der Kantone und Gemeinden, welche diese Stromunternehmen besitzen, nicht nur bei Schönwetter zu den Firmen zu schauen, sondern auch, wenn es kritisch wird.»
Auch SP-Nationalrat Eric Nussbaumer will bis im Sommer, wenn das Parlament entscheiden muss, von den Kantonen Taten sehen. «Wir brauchen Unterlagen von den Kantonen, um zu sehen, was sie gemacht haben. Sie haben auch eine Dringlichkeitsverpflichtung.»
Im Gegensatz zu Noser will Nussbaumer aber nicht allein auf Notrecht setzen, sondern findet den Vorschlag eines Rettungsschirms richtig. «Man sollte in einer Demokratie nicht immer auf Notrecht verweisen.»
Kantone zu wenig gewappnet?
Aus Sicht des Bundes wäre es zu gefährlich, für den Extremfall auf die Kantone zu setzen. «Dann ginge es darum, innert 48 Stunden vielleicht Milliarden zur Verfügung zu stellen», sagt Benoît Revaz, Direktor des Bundesamtes für Energie. «Für die Kantone, die nicht alleinige Aktionäre eines Akteurs sind, kann das nicht nur eine Herausforderung, sondern gar unmöglich sein.»