Was verlangt die SVP? Die SVP fordert, dass die Laufzeiten der AKW verlängert werden und dazu Kernkraftwerke der neuesten Generation gebaut werden. «Die Wasser- und die Kernkraft müssen die verlässlichen Grundpfeiler der Schweizer Stromversorgung bleiben», sagte SVP-Nationalrat Mike Egger (SG).
Wie begründet die Partei diese Forderung? Die SVP sei überzeugt, dass die Energiestrategie 2050 des Bundes nicht aufgehe, erklärt SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Ammann. Diese setzt vor allem auf den Ausbau der erneuerbaren Wind- und Sonnenkraft. Zudem wird laut SVP neben Wasser auch die relativ CO₂-arme Kernkraft nötig sein, um die Stromversorgung in der Schweiz klimafreundlich sicherzustellen.
Hat die Forderung politisch eine Chance? In der Schweiz gibt es keine Laufzeit-Beschränkung. Die Schweizer Atomkraftwerke dürfen so lange betrieben werden, wie sie die gesetzlichen Sicherheitsanforderungen erfüllen. Das eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) entscheidet, was sicher heisst. Sie kann Nachrüstungen verlangen, was teuer werden kann. Für neue AKW müsste das Energiegesetz geändert werden. «Das scheint aus heutiger Sicht schwierig», so Klaus Ammann.
Wieso wäre eine Gesetzesänderung schwierig? Viele Leute haben Angst vor der Technologie. Schwerwiegende Unfälle mit Kernkraftwerken können nie zu 100 Prozent ausgeschlossen werden. Auch ist nicht klar, wo die radioaktiven Abfälle in den kommenden Tausenden von Jahren gelagert werden sollen. Zudem haben neue Atomkraftwerke laut Ammann wirtschaftlich keine Chance. «Sonnen- und Windkraftwerke produzieren um ein x-Faches günstiger Strom. Das könnte sich ändern, wenn neue sicherere, günstigere Reaktoren auf den Markt kämen. Aber so weit ist es noch nicht.»
Ist die Energiestrategie 2050 des Bundes gescheitert? SVP-Parteipräsident Marco Chiesa kritisierte Umweltministerin Simonetta Sommaruga. Sie müsse eingestehen, dass die Energiestrategie 2050 des Bundes gescheitert sei. «Das ist politische Polemik», sagt der Wirtschaftsredaktor dazu. Doch der Ausbau der erneuerbaren Energie käme nicht so schnell voran, wie man 2017, als das Gesetz zur Abstimmung kam, gedacht oder gehofft habe. Umweltministerin Sommaruga will nachjustieren.
Wie real ist die Gefahr einer Stromknappheit? «Stromlücken sind in Zukunft tatsächlich nicht auszuschliessen», sagt Ammann. Vor allem im Winter, wenn die Produktion im Ausland eher zurückgeht und in der Schweiz die Nachfrage weiter steigt, könnte es schon in wenigen Jahren während gewisser Stunden knapp werden. Der Bund will deshalb die erneuerbaren Energien rasch ausbauen. Er setzt auf Effizienz und Stromreserven. «An die Effizienz und an den Ausbau der Erneuerbaren glaubt die SVP nicht. Was sie aber im Gegenzug vorschlägt, neue AKW, käme aus meiner Sicht viel zu spät und ist deshalb keine wirkliche Lösung», so Ammann.
Welche Vorschläge haben die anderen Parteien? Die anderen Parteien stützen die Energiestrategie des Bundes weitgehend, wobei alle unterschiedliche Akzente setzen. Die FDP setzt auf die vollständige Liberalisierung des Strommarktes und hofft auf ein Strommarkt-Abkommen mit der Europäischen Union. Die Grünliberalen setzen auf Kostenwahrheit und Lenkungsabgaben. SP und Grüne fordern einen viel schnelleren Ausbau der Fotovoltaik in der Schweiz. Sie und die Grünliberalen lehnen den Rückgriff auf die Kernkraft explizit ab. Der Umbau zu einer klimafreundlicheren Energieproduktion könnte Tausende neue Jobs schaffen.