Oft sind es die kuriosen Schweizer Volksinitiativen, die über die Landesgrenzen hinaus zu reden geben, häufig auch zum Schmunzeln Anlass bieten. Die Kuhhorn-Initiative gehört zweifellos in diese Kategorie von Volksbegehren. SRF hat sich in Wien dazu umgehört. Sozusagen in der Hauptstadt eines anderen Kuhlandes. Mit überraschendem Ergebnis:
Die Österreicher finden es ganz in Ordnung, dass wir hierzulande an die Urne gerufen werden, um über die Würde der Kuh zu befinden. Lächerlich seien Kühe ohne Hörner, nicht die Initiative, meinen Passanten in Wien.
Die Volksinitiative hat eine wichtige Funktion im direktdemokratischen System der Schweiz. Dazu gehört, dass theoretisch jede Bürgerin, jeder Bürger, die Möglichkeit hat, eine scheinbar noch so unbedeutende Frage, aber auch Utopisches oder Revolutionäres zur Abstimmung zu bringen.
Auch kuriose Abstimmungen ergeben Sinn
Die Kuhhorn-Initiative ist das beste Beispiel dafür. Wer hätte dem kauzigen Bergbauer Armin Capaul zugetraut, dass er die 100'000 Unterschriften zusammenbringt? Er bewies, es ist möglich. Und das sei zentral für das Funktionieren der direkten Demokratie, meint Politologe Marc Bühlmann. Auch wenn dabei immer wieder scheinbar Unwichtiges in die Verfassung rutschen kann?
Jede Schweizerin, jeder Schweizer, kann mittels Volksinitiative in die politische Debatte einbringen, was sie oder ihn bewegt. In den siebziger Jahren etwa waren dies viele Verkehrsinitativen. 1978 jene über autofreie Sonntage. Vielen erschien das damals abwegig. Die Initiative wurde abgelehnt. 1979 kam die Initiative für Fuss- und Wanderwege. Der Gegenvorschlag wurde angenommen, und seither stehen die Wanderwege in der Bundesverfassung.
Ogis Kampf gegen das Kleeblatt
1990 schliesslich wollten die Kleeblatt-Initiativen den Bau von vier Autobahnteilstücken verbieten, allen voran jenes durch das Säuliamt. Der damalige Bundesrat Adolf Ogi erhob die Abstimmung zur Grundsatzfrage über den Sinn von Investitionen in die Infrastruktur.
An den Grundfesten des Schweizer Selbstverständnisses rüttelte 1989 die Armee-Abschaffungsinitative. Sie hatte grosse Wirkung, obwohl sie abgelehnt wurde. Die Debatte über die Armee löste in der Folge eine ganze Reihe von Armeereformen aus. Es ist das Paradebeispiel einer chancenlosen Initiative, die die Schweiz trotzdem tiefgreifend verändert hat.
Mancher Entscheid überrascht im Ausland
Viel zu reden gaben die Schweizer im Ausland, als sie 2012 Nein statt Ja sagten zu einer zusätzlichen Woche Ferien. Oder 2016 ein bedingungsloses Grundeinkommen in Bausch und Bogen verwarfen. Wie kann man nur, fragten sich viele Beobachter im Ausland. Und nun also 2018 und die Frage: Braucht die Schweiz mehr Kuhhörner? Auch die süddeutschen Nachbarn haben für diese Frage mehr Verständnis, als man erwarten könnte.