Den entscheidenden Beweis liefert das afghanische Verteidigungsministerium: Am 15. Juli 2021 meldet die Behörde auf Twitter die Tötung von Taliban-Kämpfern bei einem Bombardement. Wenig später beklagen Dorfbewohner auf Social Media den Tod auch von Zivilisten.
In einer gemeinsamen Recherche von «SRF Investigativ», Journalistinnen und Journalisten von RTS, dem Recherchenetzwerk Lighthouse Reports sowie anderen Journalisten haben wir die Videos untersucht. Das Ergebnis: Der Luftschlag wurde von einer Schweizer PC-12-Maschine gefilmt. Das Schweizer Flugzeug fungierte in Afghanistan als fliegende Kommandozentrale, das die Bomber der afghanischen Luftstreitkräfte bei den Angriffen leitete.
Viele zivile Opfer
- Die afghanische Luftwaffe setzt die PC-12 seit 2015 ein – zur Koordinierung von Bodentruppen und zur Unterstützung von A29-Kampfflugzeugen. Seither starben bei solchen Einsätzen Hunderte Zivilisten, wie Daten der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan und Daten der Organisation ACLED belegen.
Marc Garlasco, ehemaliger Pentagon-Stratege, sagt, dass Angriffe der afghanischen Streitkräfte in den letzten Kriegsjahren etwa 30 Prozent aller Angriffe in Afghanistan ausmachten. Die hohen Zahlen an zivilen Opfern seien auf die schlechte Ausbildung der afghanischen Streitkräfte zurückzuführen.
Mit offenen Daten zum Recherche-Erfolg
Die forensische Arbeit mit offenen Daten half den genauen Ort des Angriffs am 15. Juli 2021 zu bestimmen. Ein Journalist von RTS reiste an den Ort und bestätigte die Schäden des Bombardements. Ein Taliban-Kämpfer sagte gegenüber dem Journalisten, er habe die PC-12 beim Angriff gesehen.
Beim Angriff kamen Taliban-Kämpfer, aber auch Zivilisten ums Leben. Internationale Agenturen und auch die Dorfbewohner sprachen von 12 zivilen Opfern.
Zwei PC-12 in den Händen der Taliban
Als Ende August der letzte US-Soldat Afghanistan verliess, wurde viel Ausrüstung zurückgelassen. Schnell wurde laut, dass auch ein Schweizer Flugzeug zurückblieb und den Taliban in die Hände fiel. Offene Daten – Satellitenbilder und Videos – erlaubten es nicht nur den genauen Ort dieser PC-12 zu verifizieren, sondern fanden noch eine weitere PC-12-Maschine unter den Taliban, von der bisher nichts bekannt war.
Pilatus lässt Fragen unbeantwortet
Weitere Bildanalysen zeigten auch die enge Zusammenarbeit zwischen Pilatus und dem US-Rüstungskonzern Sierra Nevada, der für die US-Armee die PC-12-Flugzeuge einst für den Kriegseinsatz umgebaut hatte.
Wusste die Firma Pilatus schon vor dem Einsatz der PC-12 in Afghanistan, dass die Flieger ins Kriegsgebiet gelangen? Die Verwendung im Kriegsgebiet stand schon früh fest und wurde in den USA in Verträgen von Sierra Nevada publiziert. Auch das Schweizer Parlament beschäftigte sich 2013 mit dem Thema.
Das Unternehmen lässt diese und weitere Fragen von SRF im Zusammenhang mit den PC-12-Maschinen im Afghanistan-Krieg unbeantwortet. «Pilatus ist nicht bereit, auf diese Fragestellungen zu antworten», schreibt Jérôme Zbinden in einer kurzen Stellungnahme. Zbinden ist Assistent des Pilatus-CEO. Technische Informationen über den PC-12 seien auf der Webseite der Firma aufgeführt, hält er fest.
Aufwändig recherchierte Geschichten, die in der Schweiz zu reden geben. In News Plus Hintergründe gibt es die ganze Story.
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